Diskutiert wurde die Sache schon lange, jetzt aber wird es wohl ernst. Die spanischen Tapas, oder besser: die spanische Tapas-Kultur soll zum UNESCO-Weltkulturerbe befördert werden. Die Idee wurde ursprünglich von der „Royal Spanish Academy of Gastronomy“ aufgenommen, ist aber inzwischen per 16. Februar 2018 in die „Official State Gazette“ als staatliche Forderung/Vorschlag aufgenommen worden, also in einer Veröffentlichung, in der alle amtlichen Statements, Gesetze etc. publiziert werden. Dieser geballte Einsatz hat viel Aussicht auf Erfolg und ähnelt dem Vorgehen Frankreichs bei der Beförderung des französischen Menüs zum Weltkulturerbe.
Oh diese Institutionen!
Als deutscher Leser solcher Pressemeldungen wird man schon bei der Nennung einer Einrichtung wie der „Royal Spanish Academy of Gastronomy“ blass, weil wir in Deutschland von Vergleichbarem noch meilenweit entfernt sind. Die spanische Akademie macht genau das, was man von einer solchen Akademie erwarten kann, nämlich einen maximalen Einsatz für die Gastronomie und speziell auch für ihre Besten in allen Bereichen. Dazu zählen diverse Preise, Veranstaltungen und – wie hier – der Einsatz für ein großes, nationales/internationales Projekt. Es war dann auch Rafael Ansón, der Präsident der Akademie, der die Gründe für den Tapas-Vorschlag in Worte fasste. Da heißt es z.B.: „Tapas und die Art sie zu genießen, immer in Gesellschaft, begründen eine der wichtigsten Traditionen und stellen einen wichtigen Teil unserer kulturellen Identität dar.“ Halten wir fest: Es gibt eine Organisation, eine Akademie, die zum Sprachrohr des Ganzen wird, in der die gastronomische Kultur in einen Rahmen gefasst wird, der ihrer realen Bedeutung entspricht.
Tapas sind so wichtig wie das französische Menü
Die Stimmen in Spanien weisen über die nationale Kultur hinaus darauf hin, dass Tapas auch international zum Hauptrepräsentanten der spanischen Ernährung und kulinarischen Kultur geworden sind. Wenn man die letzten etwa 20 Jahre zurückdenkt, hat sich um den Begriff „Tapas“ nicht nur bei uns, sondern auch international eine ganze Menge von Dingen entwickelt. Tapas gibt es heute von Allem und Jedem, ich selber habe bei der FAZ eine „Regio-Tapas“-Serie aufgelegt, die statt großer Hauptgericht-Portionen die ganze Vielfalt der Regionen in kleinen Häppchen erlebbar machen sollte. Während die Form der Degustation („Tapas-Runde“) bei uns bei weitem noch nicht so gediehen ist wie in Spanien, hat sich ihre konzentrierte, verkleinerte Form von Gerichten weltweit durchgesetzt. Fast die komplette kreative Spitze der Welt präsentiert mittlerweile Menüs, die in ihrer Größe und Konzeption an Tapas angelehnt sind. Das klassisch-französische Menü dagegen ist aus der kreativen Szene weitgehend verschwunden. Mit der kleinen Form geht normalerweise eine kulinarische Konzentration auf wenige Elemente einher, die von vielen Köchen grundsätzlich für die beste aller Formen gehalten wird. Diese kleine Form ist es, die nicht nur vielgängige Menüs möglich macht, sondern im Prinzip auch eine Verkürzung von Menüs und eine deutliche Reduzierung des Preisniveaus. In Restaurants wie dem „Tickets“ in Barcelona ist es auf diese Weise möglich, die Ausgaben für ein hervorragendes, kreatives Essen nahezu frei zu gestalten.
Insofern geht aus internationaler Sicht die Wertschätzung für die Tapas-Idee auch noch über das hinaus, was in dem Zitat von Rafael Ansón genannt wurde. Die Tapas sind eben nicht nur ein gastronomisches Thema (also wie man etwas in einer Gastronomie anbietet und verzehrt) sondern auch ein genuin kulinarisches und in dieser kulinarischen Bedeutung vielleicht am wichtigsten.
Hätten wir da auch etwas zu bieten?