Wer will noch mal, wer hat noch nicht? Die neue Liste der 50 Best Restaurants….

Wer will noch mal, wer hat noch nicht? Die neue Liste der 50 Best Restaurants ist im Kern noch merkwürdiger geworden. Wir freuen uns trotzdem sehr mit der neuen Nr. 1 – aus guten Gründen

Wir brauchen nicht drumherum zu reden: die Liste der „The World’s 50 Best Restaurants“ ist durch diverse Maßnahmen im Auswahlsystem krumm und schief und gibt selbstverständlich kein korrektes Bild der kulinarischen Leistungen auf dieser Welt ab. Neuester „Gag“ der Organisatoren ist der Verzicht auf alle Restaurants, die schon einmal Nr. 1 der Welt waren. Sie können nicht mehr gewählt werden und landen auf einer Extra-Liste als „Best oft he Best“. Das bewahrt sie natürlich vor Abstiegen wie sie etwa Joachim Wissler erfahren hat, sagt aber nichts über ihre aktuelle Qualität aus und schwächt in gewisser Weise die jeweils neue Nummer 1: „Lieber Koch, Du bist der beste hier, aber hinter den sieben Bergen gibt es noch ein paar Köche. Sind die immer noch viel besser als Du?“

Reden wir auch nicht von der Tatsache, dass die Aufteilung der Welt in 26 Regionen zwar schön für viele Restaurants in aller Welt ist, aber jedes Land benachteiligt, das über viele gute Köche verfügt. Und reden wir auch nicht davon, dass die Organisatoren unbedingt eine 50/50 Frauenquote bei den Juroren haben mussten.

Wie auch immer: die Liste ist da, und jeder Koch, der auf ihr platziert ist und wegen dieser Platzierung viele neue – und möglicherweise vor allem auch internationale – Gäste bekommt, wird sich freuen und einer möglichen Platzierung entgegenfiebern. Wenn die Liste nützt, ist sie zu beachten. Punkt.

Wir freuen uns bei www.eat-drink-think.de und bei Port Culinaire natürlich ganz besonders über die neue Nummer 1 der Welt, Mauro Colagreco vom „Mirazur“ in Menton/Frankreich. Der Grund ist sehr einfach: in der vorletzten Woche waren Thomas Ruhl und ich bei Mauro Colagreco, um dort die neue Folge meiner „Avantgarde“ – Serie in Port Culinaire vorzubereiten. Die Story wird in der nächsten Ausgabe erscheinen, und es wird sehr viel bestechend Gutes zu zeigen und zu berichten geben.

 
 
Hier einige Impressionen zu den Platzierungen und Entwicklungen in den Top 50:

Tim Raue als einziger deutscher Koch auf Platz 40 (von 37 im letzten Jahr) ist sicher nach wie vor eine gute Sache für Raue. Das Gesamtbild der 50 Best bleibt aber eine Enttäuschung für die deutsche Spitzenküche. Bevor aber nun über mögliche stilistische Implikationen dieser Lage nachgedacht wird, sollte man zuerst einmal nachforschen, ob vielleicht die deutsche Jury einfach eine schlechte, unkoordinierte und nicht genügend vernetzte Arbeit geleistet hat. Die beste Phase der deutschen Küche in diesem Ranking hatte ganz sicher auch etwas mit der guten Arbeit der damaligen Jury zu tun.

— Es gibt interessante Bewegungen in Richtung Spitze. Das neue Noma auf Platz 2 ist eine höchst beachtliche Angelegenheit. René Redzepi ist nicht nur ein immer sehr kreativer Koch, sondern längst so etwas wie ein kulinarischer Umweltaktivist im besten Sinne. Das und vieles Andere über ihn ist kaum allgemein bekannt. Interessant ist auch der Sprung von Rasmus Kofoed vom „Geranium“ von Platz 19 auf Platz 5. Kofoed hat einen wunderbaren Geschmack, der durchaus manchmal an die moderne französische Spitzenküche erinnert und nicht unbedingt immer an nordische Küche

— In der Spitze ist weitgehend Stabilität mit relativ wenig grundsätzlichen Veränderungen zu finden. Die auffälligsten davon sind: das „Disfrutar“ in Barcelona springt von 18 auf Platz 9, begleitet von weiteren aufstrebenden Spaniern wie Eneko Atxa vom „Azurmendi“ (von 43 auf 14) und dem „Tickets“ von Albert Adrià (von 32 auf 20). Auch die Franzosen haben sich deutlich stabilisiert. Neben dem nach wie vor hoch geehrten Alain Passard vom „l’Arpège“ in Paris (wieder Platz 8) findet sich nun auch das „Septime“ auf Platz 15 nach einem Sprung von Platz 40.

— Einen strammen Sprung nach vorne machte das Restaurant „Frantzén“ (von 65 auf 21, siehe den Bericht in Port Culinaire). Da wird sicherlich in Zukunft auch noch mehr passieren

— die aus Deutschland stammenden Sühring-Zwillinge vom „Sühring“ in Bangkok können wir auch als Erfolg der deutschen Köche verbuchen. Sie sind neu auf Platz 45 eingestiegen.

— ein Neueinstieg mit Perspektive scheint mir auch Dominique Crenn vom kalifornischen „Atelier Crenn“ (neu auf 35) zu sein. Ich habe sie als eine Köchin erlebt, die mich deutlich mehr als etwa Anne-Sophie Pic beeindruckt hat.

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