Das ist jetzt ebenso eine Geschmacks- wie Glaubensfrage. Wer in einer Familie aufgewachsen ist, in der es immer rohen Schinken zum Spargel gegeben hat, der glaubt roher Schinken gehört zum Spargel. In Familien, in denen gekochter Schinken zum Spargel serviert wurde, wird roher Schinken zum Spargel hingegen als absurd empfunden.
Aus Sicht der geschmacksphysiologischen Eigenschaften ist der rohe Schinken der bessere Begleiter des grünen Spargels und gekochter Schinken der bessere Begleiter des weißen Spargels. Das hängt mit der Aromadichte der beiden Spargel- und Schinkensorten zusammen. Um den Rahmen dieses Berichts nicht zu sprengen, werden wir uns nur kurz dem grünen Spargel und dessen Begleiter widmen, um dann genussvoll dem heimischen Protagonisten genügend Platz einräumen zu können. Beim rohen Schinken zum grünen Spargel sollte man in erster Linie auf luftgetrockneten Schinken zurückgreifen. Die bekanntesten Sorten sind die Italiener „San Daniele“, „Parma“ oder „San Leo“. Aus Spanien stammen der „Serrano“ und der besonders edle „Jamón Ibérico“, der hierzulande auch gerne „Pata Negra“ genannt wird. Jeder dieser Schinken ist ein guter Spargelbegleiter, sofern eine gute Qualität gekauft wurde und dieser hauchdünn geschnitten ist. Ein großer Spaßkiller bei rohem Schinken und Spargel sind zu dick geschnittene Scheiben, die sich kaum schneiden und kauen lassen.
Beim gekochten Schinken zum weißen Spargel ist die Auswahl viel schwieriger.
In Deutschland hat sich die Qualität von Kochschinken aufgrund des Preisdrucks der Supermärkte und Discounter dermaßen verschlechtert, dass der Fund eines wirklich guten Kochschinkens einem Lottogewinn gleichkommt. Dieser Preisdruck hat dazu geführt, dass die Schinken hierzulande nicht mehr gekocht, sondern gepoltert oder getumblert werden. Hierbei werden die Schinken in großen Wasserkesseln so lange mit langen mechanischen Paddeln geprügelt, bis das Eiweiß aus dem Fleisch austritt und Platz für die Einlagerung von Wasser macht. Das ausgetretene Protein hingegen hat die Möglichkeit die Schinkenstücke beim Abkühlen in jede gewünschte Form zu kleben. Deswegen sind auch teure Schinken bei uns kugelrund. Das sind dann bei genauer Definition auch nur Formschinken. Auch wenn sie eine schönere Form haben als die viereckigen beim Discounter, die nur aus Abfällen zusammengeklebt wurden. Ich selber mag diese Schinken nicht besonders gerne und kann sie deshalb auch nicht empfehlen. Ich liebe den gekochten Schinken, der so ist, wie es sich der Erfinder gewünscht hätte. Ein entbeinter Schweineschlegel, der mit vielen Nadeln (Spritzen) bis tief ins Fleisch gewürzt und gepökelt wurde und dann bei mäßiger Temperatur möglichst nicht gekocht, sondern gedämpft wurde. Diese Schinken findet man in Deutschland kaum noch. Man kann sie jedoch sehr gut am Schnittbild erkennen. Die verschiedenen Fleischteile haben verschiedene Farbtöne, dunklere und hellere. Bei den Formschinken hingegen sind die Fleischstücke meist gleichfarbig.
In Italien werden Kochschinken in der Regel nicht gepoltert. Meist besteht ein Kochschinken dort aus einem Schlegel und nicht aus zusammengewürfelten und -geklebten Stücken. Dennoch ist der Tipp, einfach einen italienischen Schinken zum Spargel, auch nicht so ganz richtig. In Italien ist der Preisdruck auf Lebensmittel zwar nicht ganz so stark wie in Deutschland, aber seit dem Einzug von Aldi und Lidl ist auch da eine Veränderung zu spüren. Bei den italienischen Kochschinken macht es sich bemerkbar, dass bei preiswerteren Schinken die Machart zwar beibehalten, die Garzeit aber durch höhere Temperatur verkürzt wurde. So gibt es durchaus italienische Kochschinken, die zwar toll aussehen, aber einfach trocken schmecken. Ein guter Geschmack muss jedoch immer mit einer guten Konsistenz einhergehen. Auf der Suche nach dem Nonplusultra bin ich jedoch für Sie fündig geworden.
Begonnen hat die Suche in den italienischen Salumerias (Feinkostgeschäften). Dort habe ich sehr schnell gelernt, dass man in Italien sehr scharf zwischen gekochtem Schinken (Prosciutto cotto) und einem Produkt namens „Gran Biscotto“ unterscheidet, obwohl beide Produkte identisch aussehen. Und es war nicht der höhere Preis, der mich neugierig auf dieses Produkt gemacht hat, sondern die Hochachtung und der Respekt, den die Italiener diesem Produkt entgegen bringen, obwohl es omnipräsent fast in jedem Geschäft verfügbar ist. Zudem habe ich bereits bei dem ersten Verkosten bemerkt, dass dieser Schinken meinen Nerv trifft. Saftig, zart, würzig und dennoch ein charmanter Schinkengeschmack, den ich noch aus meiner Kindheit kenne, aber fast ganz vergessen habe. Um der Sache auf die Spur zu kommen, habe ich mich auf den Weg in die Lombardei gemacht, um die Quelle des „Gran Biscotto“ zu finden. Und was ich da in der Nähe von Monza gefunden habe, war wirklich erstaunlich und bemerkenswert. In der Ortschaft Biassono (in der Brianza), eine Stunde von Mailand entfernt, befindet sich das Werk der Familie Rovagnati. Eine recht opulente Produktionsstätte für Fleisch und Wurstwaren. Das Erste was auffällt, ist, dass die Besitzerfamilie ihr Haus auf dem Werksgelände hat. In Gesprächen mit der Familienchefin Claudia Rovagnati und ihren Söhnen Lorenzo und Ferruccio wird schnell klar, dass diese Familie nicht im Werk wohnt, weil sie es muss, sondern weil sie es will. Paolo Rovagnati, der Vater der Jungs, die mittlerweile selber im besten Alter sind, hat zu seinen Lebzeiten einen Plan verfolgt, der in die nächste Generation vererbt wurde. Er wollte den besten Kochschinken produzieren. Weit besser, als alles, was der Markt zu bieten hat. Und dieser Plan ist zwar auf der einen Seite abgeschlossen worden, da man wohl den mit Abstand besten Kochschinken, also den „Gran Biscotto“, produziert. Andererseits hat man nie aufgehört, dieses Produkt zu verbessern. Alle Mittel, die zur Verfügung stehen, werden genutzt, um bei der Auswahl der Tiere, der Bestimmung des pH-Wertes und des Fett-Fleisch-Ratios die Ergebnisse dermaßen kritisch bewerten zu können, so dass nur 60% der angelieferten Hinterschlegel für die Produktion des „Gran Biscotto“ herangezogen werden. Aus den restlichen 40% werden Rohschinken gemacht. Wenn ein Schlegel jedoch den Weg in die „Gran Biscotto“ Produktion gefunden hat, durchläuft er einen Produktionsvorgang, der nicht nur ungewöhnlich und extrem aufwendig ist, sondern auch liebevoll und professionell. Nachdem der Schlegel von hochprofessionellen Metzgern auf fast artistische Art und Weise entbeint wurde, folgt das Branding der Schwarte. Von oben bis unten wird der Name „Gran Biscotto“ in die Schwarte gebrannt. Danach ist kein Aufwand zu groß, um das perfekte Resultat zu erzielen. Gepökelt wird mit 72 Nadeln verschiedener Länge, gewürzt mit einer geheimen Würzmischung und gegart mit äußerster Präzision. Das Resultat ist ein perfektes Zusammenspiel aller Komponenten. Es ist einzigartig, es ist grandios und es ist deswegen so gut, weil in dieser Familie und in diesem Werk gekochter Schinken gelebt wird. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, und wenn man die Familie Rovagnati fragt, warum sie nicht in einem der wunderbaren „Palazzo Prozzo“ wohnen, die rund um das Werk auf den sanften Hügeln zu finden sind, erntet man nur ein verständnisloses Kopfschütteln.
Wenn Sie mich jetzt fragen, welcher Schinken am besten zu Spargel passt, dann ist meine Antwort natürlich der „Gran Biscotto“. Und sollte man mich fragen, welcher gekochte der beste zum Rührei, zum einem belegten Brötchen oder für Schinkennudeln sei, so wird meine Antwort auch hier immer dieselbe sein. Sobald Sie ihn probiert haben, werden Sie mich verstehen.
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