Wenn man sich alle Rankings der „The World’s 50 Best Restaurants“ seit 2002 ansieht und die Platzierungen der deutschen Restaurants zusammenstellt, ergeben sich recht klare Ergebnisse und Folgerungen. Eine grundsätzliche ist zum Beispiel, dass die 50 Best mehr und mehr zu einer von Michelin Bewertungen eher unabhängigen Zusammenstellung geworden sind, während etwa die französische „La Liste“ – etwas überspitzt formuliert – nach wie vor so aussieht wie ein Ranking der besten französischen Restaurants plus dem Rest der Welt. Der Unterschied ist jedenfalls eklatant. Und weil die deutschen Köche nach wie vor in der Spitze weitgehend eine Michelin-Küche machen (also das traditionell verstandene Handwerk sehr hoch halten), sind sie in „La Liste“ auch deutlich besser vertreten.
Wie dem auch sei: die Performance bei den 50 Best hält sich in Grenzen, war aber schon deutlich besser als im Moment, wo mit Zwei-Sterne-Koch Tim Raue und Ein-Stern-Koch Micha Schäfer eben keiner unserer Drei-Sterne-Köche mehr vertreten ist (und das auch nicht in der Liste von Nr. 51 bis Nr. 100). Es gab Zeiten, in denen deutsche Köche wesentlich prominenter vertreten waren. Mit Joachim Wissler vom „Vendôme“ in Bensberg schaffte es sogar einmal ein Koch in die Top 10, was dann wirklich weltweit bemerkt worden ist. Am Verlauf der Platzierungen der beiden am besten platzierten deutschen Köche (Wissler und Elverfeld) wird im übrigen durchaus deutlich, dass die 50 Best nicht immer wahllos und für Außenstehende unverständlich zustande kommen, sondern bestimmte Entwicklungen durchaus abbilden können. Wissler und Elverfeld wurden international auffällig, weil sie das kochten, was ich „Neue Deutsche Schule“ genannt habe. Das interessierte, hat Vorurteile abgebaut, führte viele internationale Gäste nach Deutschland und hat bewiesen, wie gut diese Kreativen waren. Diesem Input der beiden Köche ist dann allerdings – erst einmal von außen gesehen – nicht weiteres, neuerlich Spektakuläres gefolgt, weshalb sie dann langsam wieder aus der Liste verschwanden. Diese Entwicklung ist nachvollziehbar – ohne dass beide an handwerklicher Qualität verloren hätten. Bei anderen kreativen Köchen, die sich längere Zeit in der Liste gehalten haben, ist meist etwas mehr Entwicklung festzustellen, ihre neuerlich guten Positionen sind also von einer anhaltenden Wahrnehmung als kreative Köche genährt.
Hier die Platzierungen der deutschen Köche in den 50 Best seit Beginn im Jahre 2002:
2002 Platz 50 Hans Haas
2003 ——-
2004 Platz 27 Harald Wohlfahrt
2005 Platz 39 Dieter Müller
2006 Platz 34 Dieter Müller, Platz 41 Harald Wohlfahrt
2007 ——–
2008 Platz 34 Joachim Wissler, Platz 35 Harald Wohlfahrt, Platz 47 Hans Haas
2009 Platz 23 Harald Wohlfahrt, Platz 25 Joachim Wissler, Platz 44 Hans Haas
2010 Platz 22 Joachim Wissler, Platz 34 Sven Elverfeld, Platz 47 Harald Wohlfahrt
2011 Platz 21 Joachim Wissler, Platz 25 Sven Elverfeld
2012 Platz 22 Sven Elverfeld, Platz 23 Joachim Wissler
2013 Platz 10 Joachim Wissler, Platz 30 Sven Elverfeld
2014 Platz 12 Joachim Wissler, Platz 28 Sven Elverfeld
2015 Platz 30 Joachim Wissler, Platz 33 Sven Elverfeld
2016 Platz 34 Tim Raue, Platz 35 Joachim Wissler
2017 Platz 48 Tim Raue
2018 Platz 37 Tim Raue
2019 Platz 40 Tim Raue
2020 Ausgefallen
2021 Platz 31 Tim Raue, Platz 45 Micha Schäfer
Die meisten Platzierungen in den 50 Best:
9 Platzierungen: Joachim Wissler
6 Platzierungen: Sven Elverfeld
5 Platzierungen: Harald Wohlfahrt und Tim Raue
3 Platzierungen: Hans Haas
2 Platzierungen: Dieter Müller
1 Platzierung: Micha Schäfer
Die meisten Platzierungen in den 50 Best hat mit Abstand Joachim Wissler. Man muss allerdings anmerken, dass die 50 Best-Liste sozusagen Wisslers Höhepunkt abgedeckt hat, also jene Zeit, in der er mit seinen Konzepten am meisten Aufsehen erregte. Ähnliches gilt für Sven Elverfeld. Harald Wohlfahrts Karriere dagegen fand zu einem großen Teil schon vor den 50 Best statt und ist insofern nicht vollständig abgedeckt.
Die Dominanz von Joachim Wissler als international anerkanntester deutscher Koch der letzten zwei Jahrzehnte (wohlgemerkt: immer auf die 50 Best bezogen) wird noch deutlicher, wenn man sich die besten zehn Platzierungen deutscher Köche ansieht. Allein 6 der besten Platzierungen hat Wissler erreicht gegenüber jeweils 2 von Harald Wohlfahrt und Sven Elverfeld. Außer Wissler ist bisher niemand in den 10er Bereich vorgedrungen. Die beste Platzierung von Tim Raue ist der aktuelle Platz 31.
Es fällt auf, dass die beiden Bestplatzierten Wissler und Elverfeld eine Art logische Kurve bei den Platzierungen haben, die etwas mit dem Grad an Kreativität und Innovation in ihren Arbeiten zu tun hat: sie tauchen auf, steigen auf, haben einen Peak und gehen dann wieder zurück. Bei Tim Raue dagegen ist eine solche Entwicklung bisher kaum zu beobachten, was unter Umständen die Vermutung nahelegt, dass seine Platzierungen stärker vom Hauptstadt-Bonus und Aspekten wie Promotion und intensiver Arbeit an internationaler Bekanntheit geprägt sind.
Die Top 10 der höchsten deutschen Platzierungen
10 Joachim Wissler 2013
12 Joachim Wissler 2014
21 Joachim Wissler 2011
22 Joachim Wissler 2010
22 Sven Elverfeld 2012
23 Harald Wohlfahrt 2009
23 Joachim Wissler 2012
25 Joachim Wissler 2009
25 Sven Elverfeld 2011
27 Harald Wohlfahrt 2004