Fredrik Berselius: Aska. Phaidon Press Limited, London/New York 2018.
240 Seiten, Hardcover, 49,95 Euro
Fredrik Berselius (39) ist ein Schwede, der schon seit dem Jahr 2000 in den USA lebt und erst relativ spät (in den mittleren Zwanzigern) erkannt hat, dass Kochen für ihn eine Ausdrucksform sein kann. Der hagere Berselius hat schon als Model gearbeitet und gilt auch wegen seiner Nähe zu Kunst und Design mittlerweile als ausgesprochen „in“. Sein stets ausgebuchtes Restaurant Aska in Brooklyn/New York kann man nur besuchen, wenn man vorher ein Ticket kauft. Aska, schwedisch: Asche, ist auch der Titel seines ersten Buches, das nun im Phaidon-Verlag erschienen ist. Dieser Verlag mit Sitz in New York und London ist heute einer der führenden Verlage für Spitzenküche, die nicht aus Frankreich oder Spanien stammt.
Das Buch hat ein schwarzes Cover, eher dunkle Bilder und wirkt unbedingt großstädtisch und stylish – auch wenn es sich bei den Produkten um viel Natur handelt. Es geht um das Restaurant und den Tagesablauf, die Überlegungen vor der Eröffnung zur Ästhetik des Restaurants und der Küche und natürlich zu den Produkten, die hier in New York – entgegen dem, was man vielleicht bei uns denkt – durchaus keine besonders langen Wege nehmen müssen. Trotz der guten und interessanten Produkte wirkt das im Prinzip konventionell aufgebaute Buch allerdings immer leicht skandinavisch-spröde und nicht unbedingt üppig. Die Gerichte sind ausschließlich in Tapas-Größe gehalten und liegen optisch irgendwo zwischen René Redzepi, Esben Holmboe Bang und Kobe Desramaults. Jedes Rezept hat eine Einleitung, in der die verwendeten Produkte und die Beweggründe für das Rezept erläutert werden. Die Rezepte selber sind eher minimalistisch und kochtechnisch meist auf der fettarmen Linie der skandinavischen Kollegen.
Im Detail zeigen sich diverse Besonderheiten, die bisweilen bis ins radikal-avantgardistische Fach gehen. „Bladderwrack“ ist ein Gericht mit Braunalgen, das aus Muschelpulver, einer Muschelemulsion und getrockneten Braunalgen besteht. Wie bei Redzepi und anderen gibt es auch im Aska getrocknete Jakobsmuscheln, hier als Chip mit Dillpüree. Der Rogen von der Jakobsmuschel wird mit feinen Brotbröseln und einem Kräutersträußchen auf der Basis von Nasturtiumstängeln kombiniert. Es gibt eingelegte Taubenherzen, Makrele mit Robinien, getrocknetes Lammherz mit Labkraut oder Beef, das über ein Jahr lang gereift wurde. Dann einen gegrillten Aalkopf, einen Blutpfannekuchen mit Rose und Hagebutte und eher selten Gerichte, die nicht mindestens über einen beträchtlichen Neuigkeitswert verfügen – zumindest dann, wenn man sich nicht häufiger in skandinavischen Restaurants der kreativen Abteilung aufhält. In der konsequent-minimalistischen Art erinnert das dann vor allem an die Arbeit von Redzepi: ungewöhnliche Produkte, ungewöhnliche Zubereitungen und kaum jemals eine Erinnerung an ältere Küchenstile. Da gibt es dann auch schon mal ein im halbierten Kopf wie bei einer Schnepfe serviertes Taubenhirn mit Butter oder die sehr direkte Kombination von Taube und Blut und konsequenterweise auch ausgesprochen naturnahe Desserts wie etwa ein Rohmilchsorbet mit verschiedenen Baumblüten.
Fredrik Berselius ist zweifellos ein hervorragender Botschafter der neuen skandinavischen Küche in den USA und zeigt keinerlei Spuren einer Art Amerikanisierung seines Küchenstils. In der Kombination aus nur dezent modernisierter Industrie-Immobilie als Restaurant, einer offenen Küche, einer Küchenmannschaft, die aussieht wie eine der neuen Küchen-Gangs, mit einem Image, das ein gutes Stück in Richtung „brut“ geht und das man sich kaum irgendwo in einer badischen Kleinstadt vorstellen könnte, hat das ganze Aksa-Projekt Zeug zu Kultstatus. Mit dieser Konsequenz und mit diesem Willen zur Gestaltung eines zusammenhängenden, kulinarisch-ästhetischen Gebildes fällt man dann sogar in New York auf.
Die Rezepte sind natürlich wegen der Produkte nur teilweise nachkochbar. Die avantgardistische Strenge und Knappheit in der Formulierung ist aber auf jeden Fall eine hochinteressante Sache, die sicher auch bei uns Interessenten finden wird. Die stilistische Nähe zu Redzepi und einigen anderen Köchen bedeutet auch durchaus nicht, dass man es hier mit vielen Kopien zu tun hätte. Wer die genannten Köche kennt, wird dieses Buch als Ergänzung sehen und sehr interessant empfinden.
Das Buch Aksa bekommt 2 grüne BB
© Fotos: Phaidon Verlag