„Wenn dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis“. An diesen Spruch musste ich bei der Lektüre einiger Äußerungen von Steve Plotnicki denken, über die eine französische Website berichtete. Was ist passiert? Plotnicki ist Blogger und Begründer des „Opinionated About Dining“-Rankings (OAD), einem weiteren in der unendlichen Liste von internationalen Restaurant-Rankings, bei dem ganz normale, online-affine Gäste über die Qualität von Köchen befinden. Ich persönlich halte diese Liste für ein Anamnese-Instrument, das eher zur Analyse des Ranking-Syndroms als zu einer verbesserten internationalen Restaurant-Übersicht taugt.
Plotnicki und die Franzosen
In Frankreich regt man sich heftig über einige Äußerungen Plotnickis anlässlich der Veröffentlichung der neuen Europaliste 2017 in Paris auf. Sie haben eine wahre Kernaussage, aus der dann aber bizarr falsche Schlüsse gezogen werden. Dass die französischen Köche niemanden mehr beeinflussen (Plotnicki) ist schon – mehr oder weniger – seit vielen Jahren zu beobachten. Das Interesse der kreativen/jüngeren Köche wandert durch die Welt, immer dorthin, wo es faszinierende Anregungen gibt, also von der Molekularküche zur skandinavischen Küche und der Nova-Regio-Küche, mal nach Japan, mal zum Mix aus südamerikanischer und asiatischer Küche (die übrigens Nobu schon seit vielen Jahren praktiziert). Frankreich war immer auf sich bezogen, man hat es einfach nicht nötig, anderes aufzunehmen, und wenn, dann nimmt man es so auf, dass es als französische Kreativität durchgeht.
Ist die französische Küche unmodern und nicht kreativ?
Und jetzt überzieht Plotnicki. Die französischen Köche hätten sich nicht entwickelt und würden immer das gleiche Stück spielen, nämlich die klassisch-französische Küche. Man sei provinziell und lebe in einer kreativen Isolation. – Hier irrt Plotnicki, und zwar gründlich, und das anscheinend, weil er aus seinen merkwürdigen, sehrt touristisch orientierten Rankings auch noch merkwürdige Schlüsse zieht. Man muss vermuten, dass er den Stand der französischen Küche einfach nicht kennt – wie übrigens viele Beobachter der internationalen Szene, die es in den letzten Jahren versäumt haben, auf Frankreich zu schauen. Natürlich hat Alexandre Gauthier vom „La Grenouillière“ längst eine ganze Anzahl von jungen Köchen inspiriert und es gibt zum Beispiel – bisher von außen ebenfalls kaum bemerkt – eine große Szene von jungen japanischen Köchen, die bei französischen Starköchen ausgebildet wurden und nun eine kreative Mischung aus japanisch/asiatischer Küche und französischer Küche kochen (z.B. Kei Kobayashi). Nein, hier irrt die Internationale der Oberflächlichkeit, die so auffällig wenig an der eigentlichen Kochkunst interessiert ist.
Ach so, die Ergebnisse der Liste der europäischen Restaurants 2017 (also nicht weltweit, wie die „50 Best“). Alain Passard vom „L’Arpège“ in Paris ist auf Platz 1, die deutschen Köche sind besser platziert als in den „50 Best“, es gibt riesige Lücken, die Köche entstammen eher einer schon etwas älteren Generation, und es gibt rein gar nichts, aus dem man einen Trend machen könnte – wie es manche wenig informierte Beobachter behaupten. Es ist eher schon ein wenig peinlich, was da bei Plotnicki läuft.
Die Platzierungen deutscher Restaurants unter den 50 besten in Europa laut „Opinionated About Dining“:
Joachim Wissler Platz 16, Christian Bau Platz 17, Klaus Erfort Platz 21, Thomas Bühner Platz 22, Tim Raue Platz 32, Sven Elverfeld Platz 33.