Philanthrop mit philosophischen Gedanken
Porträt von Iris Hüttner
Im ersten Teil des Porträts über Ralf Bos ging es um sein Leben vor BOS FOOD und wie es zu BOS FOOD kam. Dabei spielte Herzblut eine wesentliche Rolle. Und das tut es bis heute. Zum Artikel
Es ist die Essenz, die seine Mitarbeiter zu hochmotivierten Leistungen antreibt und die der Weltreisende in Kulinarik „mit dem richtigen Umgang mit Menschen, Toleranz und Weitsicht“ verbindet. Herzblut zeigt er auch in seinem philanthropischen Handeln als Botschafter der Stiftung Menschen für Menschen und in seinem Engagement für die Aufklärung von Gastronomieprofis und Verbrauchern, bei dem es um die politischen, ökologischen, mentalen und psychosozialen Zusammenhänge in der Ernährungspraxis geht. In diesem Teil zeigt die rheinische Frohnatur ihre andere, ihre nachdenkliche, zu philosophischen Gedanken neigende Seite.
DIE UNAUFHALTSAME RÜCKKEHR INS 17. JAHRHUNDERT ODER DAVID UND GOLIATH
„Was der einzelne nicht verhindern kann, wir aber mehr beobachten müssen, ist die derzeitige Entwicklung, die einer Rückkehr ins
17. Jahrhundert gleicht. Damals waren wenige sehr, sehr reich und die Anderen mussten für wenig sehr, sehr viel arbeiten.“ Heute gehe die Schere zwischen Arm und Reich wieder in die gleiche Richtung, stellt Ralf Boss fest und blickt kritisch auf die seit den 90er Jahren anhaltenden Entwicklungen in der Agrarwirtschaft und am Lebensmittelmarkt. „Gab es vor vierzig Jahren noch hunderte von kleineren Supermärkten, sind diese heute auf fünf Lebensmittelketten verdichtet.“ Selbst hinter den 580 nach außen erscheinenden Produzenten stünden nach seiner Beobachtung de facto nur noch elf Firmen. Die Auswahl an Produkten und Lebensmitteln werde immer geringer. Aus Bos` Sicht machten sich die Werbeindustrie und Großkonzerne die psychologische Analyse der menschlichen Urinstinkte zu eigen und förderten insbesondere Geiz und Jagdfieber nach den besten Schnäppchen. Damit einher gingen die mit der Industrialisierung der Lebensmittelbranche vorgeschriebenen Hygiene-, Verpackungs- und Datenschutzverordnungen, die nur noch von Großunternehmen erfüllt werden könnten. „Alles, was den Regeln entspricht, ist gut für die Großunternehmen und ist schlecht für die Kleinen. Alles, was für die Kleinen gut wäre, wird verboten“ und er stellt „am Beispiel der auf allen Kanälen synchron geschalteten TV-Werbung“ fest, „kein Zuschauer entkommt ihr mehr, und so lässt sich leicht mit viel Geld noch mehr Geld machen.“
NUR „POLITICAL CORRECT“ REDEN, REICHT NICHT
Auf die Frage, wie sich dieser Teufelskreis durchbrechen ließe, richtet sich Ralf Bos seinen Appell an den einzelnen Konsumenten. „Wenn die Menschen ihren Worten Taten folgen ließen. Würden sie nicht nur von political correctness sprechen, sondern danach handeln, dann würden sie tatsächlich regional auf Märkten einkaufen, und zwar politisch korrekte Produkte, und sie würden mehr Gemüse und weniger Fleisch essen. Aber kaum einer setzt das wirklich um.“
Ralf Bos wäre nicht er selbst, wenn auch er es beim bloßen Reden beließe. Seine Antwort heißt: Aufklärung! Mit Veranstaltungen und eigenen Publikationen will er ein Millionenpublikum erreichen. Mit der offenen Internetplattform EAT-DRINK-THINK.DE, die dem engen Kreis der Restaurantkritiker entgegentreten will, und mit Symposien, wie CHEF-SACHE, bei denen sich bei einer einzigen Veranstaltung 1.500 Profis aus der Gastronomie treffen, geht es ihm um die Bewusstmachung von politischen, ökologischen, aber ebenso mentalen und psychologischen Zusammenhängen in der Ernährungspraxis – im Grunde auch um die Zukunft der Gastronomie. Und er bringt es auf den Punkt „Dann denken sie wenigstens einmal eine Stunde über diese Themen nach.“
GENIESSEN IST GUT FÜR DIE PSYCHE
Dass Essen eine mentale und psychische Wirkung hat, steht für Bos außer Frage, für den Genuss die größte Belohnung darstellt. „Essen sollte mit Genuss assoziiert werden.“ Bei einem genussvollen Essen tanke der Mensch auf, ist seine Überzeugung.
In Deutschland sei Ernährung allerdings noch immer allein auf ihre körperliche Wirkung reduziert. Die Ursachen dafür erklärt Ralf Bos mit der deutschen Geschichte, als in der Kaiserzeit die Bevölkerung bettelarm gewesen und es in Kriegszeiten ums pure Überleben gegangen sei. Bis heute hätte sich in den Köpfen festgesetzt, dass Essen möglichst billig sein müsse. Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn sieht er im eigenen Land großen Nachholbedarf.
In Österreich, Frankreich, Italien und auch in Portugal hingegen hätte sich eine Kultur des Genießens entwickelt. Essen sei dort ein gesellschaftliches Ereignis, man sitze zusammen. Essen bedeute dort viel mehr als pure Nahrungsaufnahme. Dahingehend positive Entwicklungen gäbe es inzwischen in Baden-Württemberg und den Regionen um Freiburg und München. „Gesundes Essen für den Körper, leckeres Essen für die Psyche,“ fasst Bos zusammen.
DER PHILANTHROP UND DIE ELEFANTENWETTE ODER 250.000 EURO IN 100 TAGEN
Wie könnte ein Genussmensch, für den Herzblut und political correctness nicht nur Worthülsen sind, untätig bleiben, wenn er sieht, dass es in anderen Teilen der Welt darum geht, überhaupt etwas zu essen zu bekommen? „Als Familienvater ist es mir ein besonderes Anliegen, Kinder zu unterstützen, die einfach nicht die gleichen Chancen haben wie unsere eigenen Kinder,“ äußert Bos.
Diesem Anliegen kam er zunächst als UNICEF-Botschafter nach und gab dieses Ehrenamt zurück, als er sich mit der Organisation aufgrund ihres damaligen Umgangs mit Tsunami-Spendengeldern und ihres bürokratischen Wesens nicht mehr identifizieren konnte.
Im Jahr 2007 lernte er dann Alma und Karl-Heinz Böhm kennen. Er reiste nach Äthiopien und war beeindruckt von der Leistung von Menschen für Menschen. Wie Karl-Heinz Böhm, der sich 1981 in „Wetten dass“ einer Wette gestellt hatte und daraufhin seine Stiftung gründete, fühlte sich Ralf Bos zu einer Wette herausgefordert, aus der die Initiative „Spitzenköche für Afrika“ hervorging.
Es galt, gegen seinen Wettpartner, den Starkoch Eckart Witzigmann, innerhalb von einhundert Tagen 250.000 Euro für den Bau einer Grundschule in Äthiopien zu sammeln. Mit seiner Initiative mobilisierte er in ganz Deutschland ehrenamtliches Engagement und Aktionen von Spitzenköchen, Top-Gastronomen und Gastronomielieferanten und gewann die Wette.
Mit dem gesammelten Geldbetrag wurde die „Gordom Higher Primary School“ mit Platz für 600 Kinder gebaut und das Alphabetisierungsprogramm ABC-2015 planmäßig abgeschlossen. Bis heute ermöglichte „Spitzenköche für Afrika“ den Bau von sechs weiteren Schulen. Ralf Bos ist seither als Botschafter von Menschen für Menschen mit „Spitzenköche für Afrika“ aktiv.
Tochter Talia entwickelte die Idee weiter und gründete zusammen mit ihrem Ehemann Alex Kochanowski die Initiative „Spitzenwinzer für Äthiopien“. „Ein Teil von Menschen für Menschen sein zu dürfen, erfüllt uns mit großer Wertschätzung. Dieses Engagement wird uns nun durch unser Leben begleiten,“ sagt Tochter Talia.
Früchte des Lebenswerks von Ralf Bos scheinen schon jetzt in der nächsten Generation aufzugehen. Wer sähe da nicht zuversichtlich in die Zukunft.
www.spitzenkoechefuerafrika.de
Ein Artikel von Iris Hüttner aus dem ENTRÉE Magazin
Fach-Journalistin (Reise, Kunst & Kultur, Gesundheit). Autorin. Herausgeberin. PR-Consultant
www.artemedia.online
© Fotos: Menschen für Menschen / BOSFOOD
KLEINES TRÜFFEL 1 X 1
TIPPS VOM TRÜFFEL-PAPST
WORAUF IST BEI TRÜFFEL ZU ACHTEN?
Sorte, Saison, Frische, Duft, Geschmack, Zubereitung, Menge beim Servieren sowie auf Preis. Wenn das alles stimmt, ist das Ergebnis ein unvergessliches Trüffel-Erlebnis mit dem Verlangen nach Wiederholung.
Um ein „Trüffel-Junkie“ zu werden, empfiehlt sich das erste Trüffelgericht mit weißem Alba-Trüffel.
SORTEN, QUALITÄT, HERKUNFT UND ERNTEZEITEN VON 300 TRÜFFELSORTEN BEFINDEN SICH LEDIGLICH DIESE 10 SORTEN IM HANDEL.
1. Weißer Trüffel (tuber magnatumpico) – kulinarisch wertvoll: Piemont und Emiglia Romagna, geerntet zwischen Oktober und Dezember garantiert die beste Qualität. Vorkommnisse auch in Ligurien, Toskana, Umbrien, Venetien, Lombardei, Abruzzen, Marken, Latium und in weiten Gebieten des ehemaligen Jugoslawien – kulinarisch vertretbar bis (selten) wertlos.
2. Winter-Edeltrüffel (tuber melanosporum vit.) – kulinarisch wertvoll: Périgord-Trüffel (Breitengrad Bordeaux bis Avignon), geerntet Ende Dezember bis Anfang Märzgarantiert die beste Qualität, gefolgt von Nordspanien. Geerntet wird er von Mitte Novemberbis Ende März Qualitativ der französischen Ware sogar überlegen: Man- jimup (Westen Australiens, 300 km südlich von Perth), geerntet Juni bis August (Winterzeit in Australien).
3. Wintertrüffel (tuber brumale) – kulinarisch vertretbar, Frankreich und Norditalien bis Rom, Spanien; je südlicher, umso geringer die Qualität.
4. Bianchettitrüffel Italien (tuber borchii, tuber albidum) – kulinarisch vertretbar, Norditalien.
5. Sommertrüffel (tuber aestivum), Ernte Mai bis August: Variante Burgundertrüffel (tuber uncinatum). Ernte August bis Mai: komplettes Europa, von Schweden über England und Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und alle Länder des Ostblocks, je kulinarisch vertretbar.
6. Bianchettitrüffel Marokko (tuber oligosperum) – kulinarisch wertlos, da aromafrei.
7. Asiatrüffel (tuber indicum, tuber himalayensis) – kulinarisch wertlos, da aromafrei.
FAUSTREGELN
Je weiter vom Breitengrad der besten Qualität entfernt, desto geringer die Qualität – von kulinarisch vertretbar bis wertlos.
Bei Duft und Geschmack folgen Trüffel dem Gesetz der umgekehrten Proportionalität.
Weißer Alba-Trüffel: 80 % sehr intensiver, unverwechselbarer Duft, 20 % Geschmack.
Schwarzer Périgord-Trüffel: 20 % Duft, 80 % Geschmack.
Der List, nun einfach beide zu kombinieren, entzieht sich der Trüffel. Das perfekte Genusserlebnis kombiniert ausschließlich unser Gehirn aus Geschmack und Duft.
ZUBEREITUNG
■ Je höher der Duftanteil, desto größer der Verlust bei Erhitzung. Weiße Trüffel entfalten ihre Aromen am besten bei fünfzig bis sechzig Grad – also niemals gekocht, sondern beim Servieren über das Gericht gehobelt. ■ Hingegen mögen schwarze Trüffel gern hohe Temperaturen, denn erst dann entfalten sie ihr ganzes Aroma und übertragen es auf die anderen Zutaten. ■ Um aus Sommertrüffel das Maximum ihres viel schwächeren Aromas herauszuholen, empfiehlt es sich, sie zu schälen. Schale in kleine Stücke schneiden und mit demgeschälten Trüffel circa drei Stunden bei minus 18 Grad Celsius eingefrieren, danach auftauen, Schale zum Kochen, Trüffel wie geplant verwenden. Das Eingefrieren bricht die Aromen auf. ■ Trüffel kommen bei weniger geschmacksintensiven Gerichten, wie Pasta mit Sahnesoßen oder Spiegelei, besonders gut zur Geltung. Der Klassiker: Rahmspinat mit Spiegelei und weißem Alba-Trüffel, davon aber üppig. Für den ersten Trüffel-Genuss empfehlen sich mindestens 15 Gramm.
Es lohnt nicht bei einem Trüffel-Gericht, an der Menge zu sparen. Das ist hinausgeworfenes Geld.
WORAUF IST BEIM EINKAUF ZU ACHTEN?
■ Frische! Ab dem vierten Tag nach der Ernte verliert das Edelgewächs pro Tag zehn Prozent seines Aromas. ■ Frische Trüffel lassen sich von weniger frischen bei gleicher Größe durch ein höheres spezifisches Gewicht erkennen. ■ Bei Schwarzen Trüffel die Pyramiden-Oberfläche (glatte Oberfläche bedeutet Asiatrüffel). ■ Trüffelkauf empfiehlt sich nur bei Händlern des eigenen Vertrauens. Zu groß ist die Verlockung für unseriöse Händler, China-Trüffel, Wüstentrüffel oder andere minderwertige Exemplare unter die geschätzten – und teuren – Sorten zu mischen.
PREIS
Trüffelpreise unterliegen starken Schwankungen und können deshalb von Jahr zu Jahr variieren. In der Vergangenheit lag die Spanne für ein Kilo weiße Trüffel zwischen 3.000 und 8.000 Euro, beim Sommertrüffel zwischen 100 und 800 Euro, bei Winteredeltrüffeln zwischen 1.000 und 2.000 Euro pro Kilo. Vorsicht ist angesagt, wenn im Restaurant Trüffelgerichte günstig angeboten werden. Entweder stimmt dann die Qualität oder die Menge nicht. Das Ergebnis wäre hinausgeworfenes Geld.
In Trüffel-Leberwurst ist kein Milligramm Trüffel, in Trüffel-Öl sind nur Aromen.
ALTE UND NEUE GEBIETE
Deutschland: Altes Anbaugebiet, wiederentdeckt von Jean-Marie Dumaine, liefert den Ahr-Trüffel.
Australien: Manjimup, ist ein neues Anbaugebiet, liefert den kulinarisch wertvollen Winteredeltrüffel (Tuber Melanosporum), qualitativ der französischen Ware sogar überlegen. Erntezeit Mitte Juni bis Ende August (Winterzeitin Australien). Damit sind Winteredeltrüffel bei uns nun auch im Sommer verfügbar. Was nicht frisch verarbeitet wird, kommt konserviert auf den Markt – in Dosen oder in fertigen Produkten. An der Haupttrüffelzeit Winter hat sich bei uns in Europa nichts geändert; Frankreich gilt weiterhin als Hauptlieferant.
BUCHTIPP
Ralf Bos, Trüffel und andere Edelpilze Ausgezeichnet mit der Goldmedaille der Gastronomischen Akademie Deutschlands e.V.
www.bosfood.de
© Fotos: Thomas Ruhl / Ralf Bos