Patisserie – Aus der renommierten Konditorschule Schritt für Schritt erklärt, Le Cordon bleu, Verlag: LV.Buch, Fotos: Olivier Ploton

Wenn André Cointreau ein Vorwort schreibt muss das vorwortete Buch wichtig sein. Ist dieser Gourmet es, der bei der Verleihung des Gourmand Award in Paris, eine bedeutende Rolle spielt? Ja, ich weiß es seit das Buch von Dumaine und Wojtko Trüffeln die heimischen Exoten diesen Preis erhalten haben. Immerhin habe ich darin auch eine Geschichte platzieren dürfen. Schulterklopf!
Fünfhundertundelf Seiten Patisserie. Welch ein Werk, schon äußerlich Erfurcht erregend und gewichtig auch. Satte drei Kilogramm. Und die Einleitung, von Chef Jean-Francois Deguinet geschrieben, lässt keinen Zweifel daran, dass es bei den fünfundachtzig bebilderten Rezepten, mit drei verschiedenen Schwierigkeitsstufen, sowie den fünfzehn Grundrezepten, nicht darum geht, Karies zu vermeiden. Es ist ein Know-how-Buch ausgestattet von den Meistern der Patisserie, geschrieben für Hobby-Patissiers, die originelle Rezepte ausprobieren oder traditionelle Spezialitäten herstellen möchten. Es ist praktisch deren Buch der Bücher. Jedes einzelne Bild, könnte als Kunstwerk jede Wand zu schmücken.

Ich befürchte, dass ich nach der Lektüre bzw. Rezension genau diese Menge Kilogramm zusätzlich auf den Rippen haben werde. Allein das Lesen inspiriert meine Badezimmerwaage, mir vor zu plappern was wieder dazu gekommen ist. Ich habe ihr das Sprechen verboten und den entsprechenden Schalter auf Off gestellt. Und ohne Brille kann ich morgens das Display frei interpretieren.
Der Inhalt kleckert nicht, er klotzt mit Rezepten und deren bildlichen Anleitungen. Aber es geht ja hier nicht nur um das Backen, es geht um süße Kunstwerke, die fotografisch inszeniert werden. Und bei mir ist Backen bei kleinen Brötchen schon erschöpft. und auch da kleckere ich, aber ich liebe Kirschstreusel- und Mohnkuchen, Millefeuille und den cremig-sahnig- gelben Elsässer Apfelkuchen, Far breton oder Apfel-Tarte nach Tatin Art, der ja auf einem Malheur beruhen soll. Ist mir aber nicht so wichtig, das einzige Malheur wäre Sprühsahne dazu.

Wie LE CORDON BLEU überhaupt entstanden ist erfahre ich auf den Seiten 13/14.
1895 gründete die französische Journalistin Marthe Distel in Paris ein kulinarisches Magazin. La cuisinière Cordon bleu. Die Abonnenten des Magazins werden zu Kochkursen eingeladen. Vielleicht kannte meine Großmutter diese Journalistin, sie war aus dem gleichen Jahrgang und war eine geborene Musalle. Und sie konnte leckere Kuchen patissieren. Die aufgezeigten Daten von LCB geben Auskunft, wie sich diese Gemeinschaft entwickelt hat. 2016 eröffnet sie die neuen Räumlichkeiten in Paris. Auf viertausend Quadratmetern studieren eintausend internationale Studenten in den Bereichen Management, Kulinarik, Wein, Hotel und Restaurant. Angesichts der Servicewüste in Allemagne kommen mir die Tränen.

Fazit:
Alle hier aufgeführten Rezepte werden bildlich Schritt für Schritt erklärt. Wer mithilfe dieses kulinarisch-fotografischen Meisterwerkes keine Kuchen, Torten, Kekse, Tartelettes, Desserts für Festtage, Pralinen und kleine Leckereien auf den Tisch bringen kann, sollte sich an der matschigen Rosinenschnecke orientieren, die mir eben die Finger verklebt hat. Nicht, dass sie nicht geschmeckt hätte, aber angesichts der süßen Verführungen im Buch war sie einfach..na ja!

Und wer von den Grundlagen der Patisserie nur wenig Ahnung, wird bei über fünfundzwanzig Seiten präziser Teigakrobatik ahnungsvoller und hält Meringe nicht für einen Schreibfehler bezüglich gewisser Nordseefische.
Andere Leser und auch ich, erfahren hier alles über Utensilien und Werkzeuge von Formen für Tartes, über Spritzbeutel bis zur Palette.
Über Zutaten von Mehl über Eier bis Kuvertüre. Das Glossar beginnt beim Abglänzen und endet bei Zur Rose abziehen. Und die Rezepte in alphabetischer Reihenfolge gehen von Apfel-Haselnusstarte bis zum Zuckerteig.

Mir graut schon wieder vor dem Lied vor dem ganze Seniorenheime in Deckung gehen. Begleitet durchTinnitus vergrößernde Blockflöten. Rolf Zuckowski möge mir verzeihen.
In der Weihnachtsbäckerei
Macht so mancher Knilch
Eine riesengroße Kleckerei.

Kleckernde Knilche wird man in vorliegenden Werk nicht finden. Alles saubere Konditorarbeit mit dem besonderen Patisseriepfiff. Aber Leckereien ja, ganz viele!
Update: Die gut gemeinten Gesangsseinlagen fallen ja dieses Jahr wahrscheinlich nicht aus, befürchtet Lauterbach.

Frank Krajewski

4 Gedanken zu „Patisserie – Aus der renommierten Konditorschule Schritt für Schritt erklärt, Le Cordon bleu, Verlag: LV.Buch, Fotos: Olivier Ploton“

  1. Anregend geschrieben – vielen Dank !

    Aber wo kann man das Buch in deutscher Sprache kaufen?

    Mein Buchhändler teilt mir mit, dass es nicht lieferbar sei.
    Und bei Amazon finde ich nur die englische und französische Version.

    Antworten
  2. Als ich das Buch gesehen habe, fand ich es zu schwer, zu unhandlich. Jetzt, nach diesem Kommentar, hab ich Lust drauf bekommen. Meine Waage freut sich schon auf die Mehrarbeit…

    Vielen Dank für die schön geschriebene Bewertung, fand sie sehr erheiternd, gerne wieder,

    viele Grüße ,
    Jörg

    Antworten

Schreibe einen Kommentar