Regionalität. Was darf man erwarten, was nicht?

Zuerst einmal muss es um den Begriff „erwarten“ gehen. Es kann bei Diskussionen um die Inhalte von Küche nie darum gehen, Vorschriften welcher Art auch immer aufzustellen. Wir sind hier nicht in einem Bereich, in dem es darum geht, eine bestimmte Küche zu machen und eine andere zu verurteilen – auch wenn solche Dinge in der Vergangenheit schon passiert sind, etwa als einmal vor einigen Jahren ein Restaurantführer die Verwendung bestimmter Produkte quasi bestrafte. Aber – es darf, kann und muss eine Diskussion darum geben, welche Art der Küche aus welchen Gründen für besser gehalten wird als eine andere. Die Gründe können vielfältig sein: Es kann um Kommerzialität gehen, um mehr Akzeptanz in künstlerisch-ästhetischer Sicht usw. usf. Die Diskussion etwa um die Bedeutung der regionalen Anbindung wird auf diese Weise zu einem Diskurs um Ideen, zu einem Werben für eine Verschiebung der Perspektive oder auch – von der „anderen“ Seite aus gesehen – um Beseitigung von Bedenken wegen der angeblich begrenzten Anzahl von Qualitätsprodukten in den jeweiligen Regionen.

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Kochbuch für die Doppel-Kopfesser

Es ist längst klar: der Kopf spielt beim Essen immer eine ganz wichtige Rolle. Allein schon bis wir uns etwas Essbares in den Mund stecken, realisieren wir – meist unbewusst – schon eine ganze Reihe von Prüfungen. Riecht es irgendwie „schräg“? Ist es zu schlabberig? Weicht die Form zu sehr von Bekanntem ab? Erst wenn diese individuelle „Zensur“, dieser Abgleich mit unseren Vorlieben oder „No-Gos“ erledigt ist, greifen wir zu. Bei Leuten, die vegetarisch oder vegan essen, kommt noch eine wichtige weitere Kopf-Aktion hinzu.

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Eat-Drink-Think Sommer-Special: Ein Dokument zur Documenta 2007 / Ferran Adrià

Vorbemerkung: Im Jahr 2007 hatte ich allerlei mit dem Thema Ferran Adrià bei der Documenta 12 in Kassel zu tun. Documenta-Chef Roger M. Buergel hatte mich frühzeitig angesprochen, und zwar nicht nur wegen eines Katalog-Textes über Adrià, sondern auch wegen Überlegungen dazu, welche Perspektiven es für die eigentliche Ausstellung geben könnte. Dabei ging es vor … Weiterlesen

Sind unsere Restaurant-Patissiers schlechte Chocolatiers?

Vorbemerkung. Ich möchte diesen Text, den ich ursprünglich nur über einen guten französischen Chocolatier schreiben wollte, auch für ein anderes Thema nutzen, das mir schon lange immer wieder auffällt. Es geht um die Qualität der „Pralinen“, die in guten Restaurants oft zum Abschluss des Essens zusammen mit dem Kaffee gereicht werden. Sie haben für mein … Weiterlesen

Die Menü-Probleme

Vorbemerkung. Mein Text vom Donnerstag/Freitag über die aktuellen gastronomischen Entwicklungen mit der Kritik an zuviel Einheitsmenüs, zu wenig à la carte-Angebot oder einem zu stark abgespeckten Mittagsprogramm hat sehr viele Reaktionen bekommen. Dafür danke ich erst einmal ganz herzlich. Wie Sie wissen lasse ich alle Rückmeldungen im Netz stehen und entferne sie selbst dann nicht, … Weiterlesen

Gastronomisches Long-Covid?

Es läuft wieder, und es läuft nicht rund. Wer im Moment durch die Lande fährt und Restaurants besuchen will, muss sich auf eine kaum überschaubare Situation einstellen. Von den Öffnungszeiten bis zum kulinarischen Angebot scheint Vieles nicht mehr so wie früher zu sein. Mir fällt das vor allem deshalb auf, weil ich für mich üblicherweise … Weiterlesen

Birgit Jochens: Zwischen Ambition und Rebellion. Karrieren Berliner Kochbuchautorinnen. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2021. 192 S., geb., Hardcover, 25 Euro

Berlin? Kochen? Es ist ganz klar, in welche Richtung da im Moment die Assoziationen laufen. Es ist auch gut, dass es in der Hauptstadt endlich so etwas wie eine kulinarische Szene gibt, weil sich unter den – sagen wir: kommunikativen Umständen einer Hauptstadt eine Menge an Dynamik ergibt. Es ist auch gut, dass sich die neue Berliner Szene mit den Produkten und Gerichten der Nahumgebung befasst und sich nicht dem immer wieder heftig grassierenden Mainstream unterwirft.

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Dessertpolitik

Formal ist Jessica Préalpato seit 2015 die Patissière von Alain Ducasse im „Plaza Athénée“ in Paris gewesen, hatte also einen der Posten mit dem höchsten Prestige in der Patisserie-Welt inne. Alain Ducasse ist sicher nicht der beste aller Patissiers, dazu fehlt ihm – wie vielen Köchen – einfach auch die spezielle handwerkliche Grundlage, die sich ja in den letzten rund 15 Jahren noch einmal erheblich ausgeweitet hat. Aber – er hat ein dezidiertes Verhältnis zu dem, was gute Arbeit im süßen Bereich ist, und dieses Verhältnis ist anders, als bei vielen seiner Kollegen. Insofern ist das Buch von Jessica Préalpato eine Besonderheit. Hier erst einmal die Daten:

Jessica Préalpato: Desseralité. Ducasse Edition, Levallois-Perret 2020. 280 S., geb., Hardcover, 45 Euro (in französischer Sprache)

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Was ist klassische Küche? Zum Beispiel die Mère Brazier

In den Leserzuschriften zu meinen Texten taucht immer wieder einmal die Frage auf, was denn eigentlich „klassische Küche“ sei. Anläßlich der Wiederveröffentlichung eines Buches der Mère Brazier kann man etwas dazu sagen. Vorab: es wird nicht gelingen, irgendeine endgültige Definition zu geben, sondern nur etwas, das dem ähnelt, was man in der Wissenschaft „operationale Definition“ nennt: man nennt ein konkretes Beispiel, das aus verschiedenen Gründen viel mit dem Begriff „klassische Küche“ zu tun hat.

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Der komplette Koch. Andreas Döllerer kann auch Wirtshaus

Andreas Döllerer: Das Wirtshaus. Rezepte und Geschichten aus dem Salzburger Land. Brandstätter Verlag, Wien 2021. 240 S., geb., Hardcover, 35 Euro

Andreas Döllerer ist einer der besten österreichischem Köche. Das werden viele Leser ganz selbstverständlich auf seine Arbeit in dem „Genießerrestaurant“ in seinen „Genusswelten“ in Golling, südlich von Salzburg beziehen, und es kann sein, dass sie nie in seinem Wirtshaus gleich nebenan gegessen haben.

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