Ein merkwürdiges Gefühl überkommt mich jedes Mal, wenn ich merke, dass die Sonne untergeht. Es ist eigenartig, aber so hat die Nacht doch noch immer etwas Mysteriöses. Manchmal stehe ich mit einem Kaffee oder einem Feierabend-Drink an meinem Küchenfenster und warte auf diesen besonderen Moment, den, in dem die Sonne langsam am Horizont hinter der Oper – oder was davon übrig ist – untergeht und die stilisierten Funkwellen des Westdeutschen Rundfunks langsam, nach und nach zu leuchten beginnen, wieder erlöschen, und wieder zu leuchten beginnen. Die Nacht hat etwas Wundersames, zum Teil etwas Beängstigendes, aber auch etwas Reizvolles. Obwohl sie uns in manchen Situationen durchaus Angst bereitet, hat sie eine magische Anziehungskraft. Wenn man jung ist, dann ist diese Anziehungskraft durchaus noch stärker, weil das Große noch größer und das Unbekannte noch unbekannter erscheint, besonders wenn man nichtsahnend aus der Provinz in die Großstadt zieht. Bei mir ist es ähnlich. Während ich mit meinen Küchenkollegen früher beinahe jedes Wochenende um die Häuser gezogen bin, habe ich mich heute verändert, bin eher ein ruhigerer Typ geworden. Ich setze mich immer noch gerne in guter Gesellschaft in eine Bar, merke aber, dass der Zahn der Zeit an meinem Durchhaltevermögen zu nagen begonnen hat. Manchmal, da überkommt mich aber doch dieses Gefühl von früher, wenn es langsam dunkel wird, dieses Gefühl, das ich so oft hatte, als ich noch etwas jünger war. Doch was ist schon alt oder jung. Alt, jung und schuld sind doch ohnehin immer nur die Anderen.
Auch wenn es mich mittlerweile wieder in die etwas ländlichere Region zieht, ich mich nach Garten, Terrasse und einer gepflasterten Auffahrt sehne, nach Abenden voller Gesellschaftsspiele und Büchern im Lieblingssessel, überrascht mich doch ab und zu das Großstadtkind, das tief in mir schlummert. Und dabei spielt es keine Rolle, ob ich direkt aus dem Büro in die Düsseldorfer Altstadt fahre, das Auto stehen lasse, um mich in meiner Heimatstadt unter das Volk zu mischen, ob ich in Berlin nach der „Bar Convent“ eine wilde Bartour mit Arbeitskollegen mache, ob ich in London mit Freunden das langersehnte Footballspiel besuche und meine Augen die vielen Eindrücke am Picadilly Circus gar nicht schnell genug wahrnehmen können. Oder ob ich schließlich hier in Köln meine Lieblingsbars besuche, durch Straßen und Gassen flaniere, in Diskotheken und Klubs gehe, ins Roxy und Blue Shell oder feiere wie damals im Underground, auf der Tanzfläche wild mit den Armen wedelnd mit einem Kopf voller Sorgen und in jeder Hand eine Jägerbomb haltend. Manchmal muss die Nachteule raus, zu laut Musik von früher hören, Sonic Youth oder Blur, viel zu sehr über die eigenen Witze lachen, unvernünftige Entscheidungen treffen und ohne Vorbehalte lieben. Manchmal müssen wir ausbrechen, die Chinos und das Polohemd im Schrank lassen und mit unseren alten Blue Jeans und den abgetretenen, aber doch so gemütlichen Vans-Slip-Ons vor die Türe. Die Vernunft muss zu Hause bleiben, bei den Tagesdecken und Dekokissen und der Narrheit, der Liebe und dem Rock’n’Roll weichen. Wir sollten diesem Ruf folgen, immer einmal wieder, wenn er uns übermannt, sollten uns aus unserer Komfortzone bewegen und die Fetzen fliegen lassen. Man kann sich zwar dann und wann umdrehen – aber zurückgehen kann man doch nicht mehr.
Für unseren Drink dieser Woche brauchen wir ein schönes Highballglas voller Eiswürfel. Wir geben 5 cl des Bourbons, 2 cl des Zitronensafts und 1 cl des Mangosirups in das Glas und rühren mit dem Barlöffel einige Sekunden lang um, bis sich alles gut vermischt hat und heruntergekühlt ist. Aufgefüllt wird der Drink mit der wunderbaren Curiosity Cola, wobei je nach eigenem Geschmack mehr oder weniger zugegeben werden kann. Ich empfehle hier circa 12 cl. Wir können uns bei der Dekoration austoben, mit Orangenzesten und Mangostreifen. Es sollte bunt sein und verwegen, so wie die Nacht in einer Großstadt.
Nach einer langen Nacht komme ich nach Hause, verschwitzt von der Menschenmasse auf der Tanzfläche, aber dennoch vollends glücklich. Der Weg nach Hause war lang, aber einfach wunderbar, mit einer kalten und schneidigen Luft, die man beinahe schmecken konnte. Ein leichter Kater setzt bereits ein, während ich mich an das Küchenfenster lehne und es langsam hell wird. Ich hole eine Mango Cola aus dem Kühlschrank – ein Mitbringsel meiner London Reise. Ich genieße den Moment, während mir das eiskalte Getränk den Rachen hinabläuft und meinen Kopf noch stärker zum pulsieren bringt. Die Radiowellen leuchten nacheinander auf und erlöschen, während die Sonne langsam aufgeht. Sie leuchten wieder auf. Und erlöschen.
Der heilige Helge
Zutaten bei BOS FOOD zu bestellen: 5 cl Buffalo Trace Single Barrel Bourbon Whisky (Art. Nr. 50487) • 2 cl Zitronensaft (frisch gepresst oder Art. Nr. 29683) • 1 cl Monin Mangosirup (Art. Nr. 13125) • 12 cl Fentimans Curiosity Cola (Art. Nr. 48461)