Eine neue Ausgabe des Guide Michelin mitten in der Corona-Zeit? Warum nicht, wenn man es richtig macht. Wir hatten einige Monate, in denen man als Tester/Kritiker arbeiten konnte und man hat sich sogar ein wenig angestrengt, möglichst viele Informationen zu bekommen, weil mit Blick auf den Herbst schon früh Vorsicht angesagt war. Warum sollte man bei Michelin den Führer nicht aktualisieren? Die Tendenz geht ohnehin auch bei Michelin weg von einer Print-Ausgabe und hin zur App, die jederzeit aktualisiert werden kann.
Natürlich kann man sich die Frage stellen, ob es Auswirkungen des ersten Lockdowns gegeben hat, die einen Einfluss auf die Leistungen der Restaurants im Sommer gehabt haben. Das war – da sind sich alle einig – nicht unbedingt der Fall, weil die Küchen schon in kurzer Zeit wieder hochgefahren werden konnten. In der „Schwarzwaldstube“ bzw. im “Temporaire“ hat man sich wegen der neuen Küche etwas Zeit genommen, um das Programm (vor allem im à la carte-Bereich) wieder hochzufahren, dabei aber dennoch exzellente Leistungen gezeigt. Wer ansonsten zugelegt hatte und nicht besucht wurde, hat natürlich etwas Pech. Wer nicht ganz sein Level wieder erreicht hatte und nicht besucht wurde und auf diese Weise eine gleichbleibende Bewertung erhält, hat Glück gehabt. Damit sollte man leben können.
Michelin hat darauf hingewiesen, dass der Führer 2021 genauso serös sei, wie alle zuvor. Man hat nichts geändert – auch weil die Köche selber das so wünschen.
Die Special Awards
Man hat bei Michelin die Anzahl der Special Awards ausgeweitet. Die Ergebnisse sind nicht unbedingt überraschend, oder – in einem Fall etwas durch die Hintertür. Den Service Award bekommt Heike Philipp vom Restaurant „Philipp“ in Sommerhausen. Den Young Chef Award bekommt Philipp Stein, von „Steins Traube“ in Mainz, einem Traditionshaus in der Hand des Sohns des Hauses. Der neue Mentor Chef Award geht nicht an Harald Wohlfahrt, sondern aus gegebenem Anlass an Hans Haas.
Interessant ist die inhaltliche Füllung des Green Star Awards (für 35 Köche), nicht wegen der Ausrichtung an nachhaltiger Küche, sondern weil mit diesem Award auch eine Küche ein wenig „durch die Hintertür“ zu Ehrungen kommt, die noch nicht mit einem „normalen“ Stern ausgezeichnet wird. Das ist gut und trifft so exzellente Köche wie zum Beispiel Stefan Fuß vom „Goldenen Stern“ in Friedberg bei Augsburg. Andere Namen hier sind z.B. „Lode & Stijn“ und „Tisk“ in Berlin, aber auch das „Landhaus Scherrer“ in Hamburg, der „Söl’ring Hof“ auf Sylt oder das „Essigbrätlein“ in Nürnberg mit gestandenen Meistern der Zunft. „Anthony’s Kitchen“ in Meerbusch ist dabei und Viktoria Fuchs vom „Spielweg“ im Munstertal.
Neue Sterne
Auch hier gibt es eine klare Tendenz, die in. Erster Linie in Richtung junger, aufstrebender Talente geht. Die Zeiten, wo sich Köche nach langen Jahren endlich über einen Stern freuen können, scheinen endgültig vorbei zu sein. Das muss man weder bedauern noch im Moment kritisieren. Aber – man sollte ein waches Auge dafür behalten, welche Häuser auch nach vielen Jahren vielleicht doch einmal einen Stern verdient hätten….
1 Stern, Beispiele:
– die “Köhlerstube“ in Baiersbronn hatte vor dem Brand einen Stern und hat ihn jetzt im „Temporaire“ wieder geschafft. Das war klar und zu erwarten.
– Dirk Grammon hat einen Stern. Mir war dieser immer noch eher junge Koch schon als ganz junger Koch aufgefallen, weil er mit anfang 20 wie ein alter Meister kochte – allerdings ein wenig auf der kopierenden Seite…
– Über Christian Steska von „Christian & Friends“ in Fulda habe ich in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und hier bei www.eat-drink-think.de berichtet, in beiden Fällen mit Verweis auf Weltklasse-Desserts. Der Stern erreicht ein echtes Wohnzimmer-Restaurant. Freut mich sehr.
– Rolf Straubinger ist nach Umbau mit seinem „Straubinger RS“ zurück. Das war abzusehen
– Im „Kuno 1408“ in Würzburg schafft auch der neue Chef Daniel Schröder zügig einen Stern
– „Aska“, der Sushi-Ableger von Anton Schmaus in Regensburg hat mit inspirierten Präzisierungen ebenfalls einen Stern
2 Sterne:
Erwartbar wegen klarer handwerklicher Qualität
– „Esplanade“ mit Silio del Fabio in Saarbrücken
– „Ösch Noir“ mit Manuel Ulrich im luxuriösen Öschberghof in Donaueschingen
– „Goldberg“ mit Phillip Kovacs in Fellbach bei Stuttgart
3 Sterne:
– „Temporaire“/“Schwarzwaldstube“, Torsten Michel, erwartbar, siehe oben
Und während überall die positiven Listen mit den neuen Sterneköchen erscheinen, gibt es im Keller einige Leichen – sozusagen. Die Bewertungen muss man teilweise unter Vorbehalt sehen, weil sie oft im Zusammen hang mit unklaren Verhältnissen rund um Corona-Maßnahmen stehen.
z.B.
Klaus Erfort verliert seinen 3. Stern
Jacob’s Restaurant geht von 2 nach 0 (weil man den Platz für die Pensionsgäste braucht)
„Becker’s“ in Trier 2 nach 1
„Laurushaus“ in Essen von 1 nach 0
Usw. usf.
Foto Cover © Guide Michelin
Oh Gott, wie undifferenziert! Auch ich habe die Kochkunst von Klaus Erfort genießen dürfen, zuletzt im Herbst 2020.
Bin gespannt ob Sie sich trauen ihre Kritik öffentlich zu diskutieren. Nur Mut, Herr/Frau T.A., aber bitte mit voller Namensangabe. Rot Front – Udo Brosko
Das FAELT Restaurant hat seine Pforten am 1. Oktober 2020 geöffnet. Der Lockdown für die Restaurants hat in Berlin am 2. November zugeschlagen. Ein Stern? Ich bitte Sie. Aktualisierung des Guide hin und her aber ein Stern für das FAELT geht zu weit!
Also das mit Jakobs Restaurant geht mir nicht in den Kopf! Was passiert da denn mit einem wunderbaren Koch wie Thomas Martin? Kocht der jetzt nur mehr für die Pensionsgäste?
Siehe https://jacobs-restaurant.de/
Jacobs Restaurant bleibt bis auf weiteres geschlossen. Wir benötigen die Räumlichkeiten, um unseren Hausgästen das Abendessen im Rahmen unseres aktuellen Konzepts mit Halbpension unter Einhaltung des nötigen Mindestabstands anbieten zu können.
Angesichts der Bewerbung der Sponsoren während der Präsentation, habe ich mich gefragt ob es überhaupt denkbar ist, dass man mit einer Auszeichnung bedacht wird, wenn man nicht Kunde beispielsweise der Metro ist.
Wenn man bedenkt, dass der Guide mit seinen ca. 14 Mitarbeitern in Deutschland schon im Normalmodus gestresst ist, so kann keine handfeste Bewertung der Restaurants in Pandemie Zeiten stattfinden.
Gerade im 3*** Sterne Bereich ist es notwendig, mindestens die 4 Besuche im Jahr zu absolvieren. Ich habe ja schon bei einem Dreisterne aufmerksam gemacht, wie ein Schlendrian sich einschleichen kann, wenn dies nicht stattfindet, ja gar teilweise gearbeitet wird, als wüsste man, dass an diesem Abend niemand von den Inspektoren/Testern im Haus ist. Das auch mal gerne eine ganze Stadt ausgelassen wird, darauf habe ich schon 2017 hingewiesen.
Das jetzt dem Gästehaus Erfort der dritte Stern gestrichen wird, wundert mich ein wenig, da man in der Vergangenheit mit Streichungen bei den Top-Restaurants mehr als zurückhaltend war. Das die Schwarzwaldstube die drei Sterne zurückbekommt, war ja schon abgesprochen und auch fest eingeplant – gibt es da evtl. einen Zusammenhang?
Die Transparenz des Guides ist das Problem und wird es in Zukunft auch bleiben.
Ich habe das Gästehaus Erfort im letzten Jahr viermal besucht und musste leider bei einigen Gerichten größere Mängel feststellen. Die Streichung des dritten Sterns halte ich deshalb für vertretbar.
Oh Gott, wie undifferenziert! Auch ich habe die Kochkunst von Klaus Erfort genießen dürfen, zuletzt im Herbst 2020.
Bin gespannt ob Sie sich trauen ihre Kritik öffentlich zu diskutieren. Nur Mut, Herr/Frau T.A., aber bitte mit voller Namensangabe. Rot Front – Udo Brosko