Am Sonntag trafen sich am Stand des Weingutes Tesch auf der Pro Wein in Düsseldorf die drei Macher von www.eat-drink-think.de zu einem Gespräch zum Thema Riesling und „easy drinking“ und Terroir und wie man auch ein jüngeres Publikum begeistern kann. Es wurde eine durchaus oft kritische Bestandsaufnahme, in der viele Probleme und Defizite der Weinwelt zur Sprache kamen. Hier in loser Folge einige Aussagen und Thesen von Ralf Bos, Jürgen Dollase und Thomas Ruhl, die mit ihren weit gespannten, unterschiedlichen Erfahrungen einen offenen Blick möglich machen.
- Mit ihren umfangreichen Serien von unterschiedlichen Weinen schwächen viele Weingüter ihre Funktion als Marke. Erkennbare und identifizierbare Marken sind ein wichtiger Punkt für Erfolg – gerade auch bei einem jüngeren Publikum
- Der Drang zu Mainstream-Weinen mag im Moment kommerziell erfolgreich sein, bringt aber mittelfristig und auf lange Sicht eher Probleme. Wenn Weine austauschbar werden, werden auch ihre Erzeuger beliebig und austauschbar.
- Die Weine brauchen allgemein sehr viel mehr Charakter, Profil und Individualität. Wenn „der Weinberg die Weine macht“ (wie das z.B. der berühmte und höchst erfolgreiche Egon Müller immer wieder sagt), dann müssen die Weine auch nach dem Weinberg schmecken. Terroir und Individualität sind unverzichtbare Merkmale eines guten Weines.
- Die Fetischisierung von trockenen Weinen sollte genau so kritisch gesehen werden, wie Trends zu mehr Süße / Restsüße. Gute Weine gibt es in jeder Form.
- Die Veränderung von Weinen zu verschiedenen Arten von Wein-Mixgetränken (ähnlich der Craft-Bier-Szene) wird als problematisch und im Grunde unnötig angesehen
- Als Begleitung für komplexe, oft euro-asiatische Küchen braucht man nicht süßere Weine, die die Würze einfangen und egalisieren, sondern echte „Mitspieler“, die auf die Aromenwelten beim Essen eingehen können.
- Allgemein braucht gute Küche eher Weine mit etwas mehr Körper, weil im Zusammenhang mit Essen viele Weine schnell auf eine banale Säuregrundlage reduziert werden. Auch das spricht für mehr Individualität.
- Im Zusammenhang mit jüngeren Leuten ohne viel Weinerfahrung ist eher Klarheit im Ausdruck als verschwurbeltes Spezialistenwissen von Interesse.
- Die Weinwelt hat sich zu stark daran gewöhnt, um sich selber zu kreisen und – begleitet von den Weinführern – selbstreferentiell zu werden. Viele Differenzierungen innerhalb einzelner Rebsorten sind für jüngere Leute uninteressant, nicht nachvollziehbar und vermitteln eher den Eindruck einer in sich geschlossenen Gesellschaft, in der man ohne Fachwissen nichts zu suchen hat. So etwas geht an jüngeren Konsumenten glatt vorbei.
- Die Weinwelt hat ein großes Problem bei der Vermittlung von Wein und seinen grandiosen genießerischen Perspektiven. Sie sollte sich vor allem stärker auf eine veränderte Arbeit ihrer Sommeliers und ein stark intensiviertes Verhältnis zur Kombination Wein – Essen konzentrieren.
- Hinweise wie die, ein Wein sei z.B. „für Fischgerichte“ zu empfehlen, zeugen von Naivität und reichen bei weitem nicht aus. Die Weingüter sollten möglichst zu jedem ihrer Weine eine komplexe Liste von besonders guten (aber vielleicht auch nicht so guten) Wein-Speisen-Kombinationen anbieten. Ein irgendwie oder kaum zum Essen passender Wein vermittelt nicht die Erlebnis- und Genusstiefe, die gerade jüngere Leute beeindrucken kann.
- Die in der Gastronomie empfohlene Weinbegleitung sollte wesentlich klarer werden und wirklich „Effekt“ machen. Ein zu einem Gericht empfohlener Wein sollte einen echten Aha-Effekt auslösen und nachhaltig den Beweis antreten, dass ein guter Wein zum Essen eine erhebliche Genusssteigerung bedeuten kann. Eine Menübegleitung sollte entsprechend auch eine Folge von Weinen sein, die beeindrucken und im Gedächtnis bleiben.
- Eine jüngere Gastronomie ist heute vor allem im Bereich von populären Gerichten und / oder kleinen, aber spektakulären Gerichten im Tapas-Format denkbar. Hier sollten erschwingliche Menüs (etwa: 5–6 Tapas-Gänge für 30 Euro) auf ebenso erschwingliche, aber hervorragend ausgewählte Weine treffen.
- Die Orientierung der Sommeliers / der Weinbegleitung sollte gründlich überdacht und neu konzipiert werden. Weine für jüngere Gäste müssen beeindrucken und eine kulinarische Wirkung erzielen. Überforderung durch unverständliche Differenzierungen sind kontraproduktiv. Eine Vertiefung wird sich je nach Neigung später ergeben.
- Küche und Weinbegleitung sollten gerade in einer jüngeren Küche sehr viel enger zusammenarbeiten und „Kulitainment“ im besten Sinne realisieren.
…….gutes beispielgefällig:….concept riesling und 485 grad machen es vor, wie man mit frischen, spektakulären Ideen (jetzt aktuell zur prowein) die junge kundschaft zum wein bekommt……