In Bayreuth laufen ja gerade wieder einmal die berühmten Festspiele rund um Richard Wagners Werk. Wir sehen mit Interesse, dass sich die Größen der Republik dort einfinden, vor allem auch die Spitzen der Politik. Wir wollen dem eine Reihe von Folgen der Jan-Hartwig-Festspiele gegenüberstellen, nicht zuletzt auch mit der Hoffnung, dass die Spitzen von Staat und Gesellschaft auch in seinem „Atelier“ einmal vermehrt ein- und ausgehen werden und ihre Kulturbeflissenheit und -teilhabe auch in diesem Bereich zum Ausdruck bringen.
Die Gerichte der Jan-Hartwig-Festspiele habe ich vor wenigen Tagen in München gegessen. Unter ihnen sind Arbeiten, die schon im Kern zu den Klassikern des Hauses zählen, solche aus den aktuellen Menüs und auch natürlich auch ganz neue Kreationen. Sie zeigen die enormen Entwicklungen, die Hartwig im Atelier genommen hat. Die große Oper ist ganz auf unserer kulinarischen Seite.
Ich werde in jeder Folge unterschiedliche kulinarische Aspekte in den Mittelpunkt stellen.
Folge 2: Bayerische Forelle – Kimizu mit Gartenkräutern, Kartoffelstampf & Schinken-Zwiebelsud
Jan Hartwig arbeitet – wie sein ehemaliger Chef Sven Elverfeld – mit viel Energie und Konsequenz an einer neuen kulinarischen Positionierung der deutschen Spitzenküche. Die handwerklich ausgefeilte, meisterliche Küchenarbeit soll bestehen bleiben, aber sie soll sich endlich – wie zum Beispiel in Frankreich, Spanien oder Italien – mit dem befassen, was unser eigener kulinarischer Hintergrund ist, kombiniert mit der individuellen kulinarischen Sprache des Kochs. Und – am besten ist, wenn das Ergebnis so gut und konsequent ausfällt, dass es quasi jeder Gast liebt. Und genau da hat Hartwig mittlerweile schon eine ganze Reihe von Gerichten vorzuweisen, die mit der Region und der Tradition spielen, dabei aber ein unglaublich gutes Niveau erreichen.
Die Bayerische Forelle ist hier in Stücken mit Kartoffelstampf vermischt, wobei natürlich die Größe der Stücke die Proportion bestimmt. Die Forelle selbst ist nicht als Produkt freigestellt, weil Hartwig mit diesem Gericht ein weitergehendes Ziel hat, nämlich eine sagenhaft gute Mischung aus einem Schinken-Zwiebelsud und der berühmten Kimizu-Sauce aus Eigelb und Reisessig als Basis für den Gesamtgeschmack zu installieren. Dass hier ein japanisches Element eingesetzt wird, sollte man nicht als Exotismus fehlbewerten: es ist eher so, dass auf diese Weise die aromatische Qualität des bodenständigen Zwiebelsuds noch mehr an Ausdruckskraft gewinnt, und das exakt im Sinne einer überzeugenden Präsentation der traditionell eingesetzten Forelle. Es ist klar, dass die Salatstücke, Kräuter und Blüten – wenn man so will – eine differenzierte Frische, oder – bildhaft – ein wenig Ufer vom Bachlauf in den Geschmack bringen. Wie präzise der Sud den Gesamtgeschmack beeinflusst, mag man auch daran erkennen, dass die zwei Bratkartoffelstückchen am Rande der Komposition in diesem Zusammenhang einfach prächtig schmecken.
Das Geniale ist der perfekte Mix aus Kimizu und Schinken-Zwiebelsud, der eine Qualität erreicht, die die allerbesten Saucen aus der Hand der allerbesten Köche erreicht. Das Spiel mit Würze und Säure und dem enormen Tiefgang, den man mit Schinken-Infusionen erreichen kann (vorausgesetzt, der Schinken ist nicht nur salzig…) führt hier zu einer Qualität, die man in solchen scheinbar „einfachen“ Zusammenhängen kaum für möglich gehalten hat. Ja, man kennt hervorragende Regionalküchen-Köche, und ja, sie erreichen bisweilen beträchtliches Niveau. Dieses Gericht bei Hartwig aber übertrifft all das, weil es nicht etwa überkandidelt-künstlich schmeckt, sondern geschmacklich eine überragende Bodenständigkeit erreicht. Es schmeckt wie von hier, gesund, natürlich, und gleichzeitig wie ganz große kulinarische Oper.
Hartwig ist mit solchen Arbeiten längst ein Vorbild oder sollte ein Vorbild sein oder wird eines werden. Diese regionalen Bezüge sind Weltklasse, und sie haben viel damit zu tun, Authentizität zu behalten und vor allem das aromatische Spiel mit traditionellen Zubereitungen neu zu denken.
Lieber Herr Dollase! Viele der Politiker werden dort nicht hingehen – denn diese muessen dann selbst bezahlen und koennen nicht schätzen, welch eine Arbeit, Fleiß, Ideen und Koennen dahinter steckt. Dieser Beruf (wir sind schon 52 Jahre in der Gastronomie selbstständig tätig und kennen fast alle Sternekoeche dieser Republik) wird doch bei uns im Lande viel zu wenig geschätzt! Blicken wir ins Ausland – hier werden Die Superkoeche hoch verehrt und geehrt!
Beste Gruesse aus dem SCHWAN in Einbeck
Ute Wicke
Wenn Sie in unserer Naehe sind – unbedingt herzlich WILLKOMMEN!
Vielen Dank fuer die immer tollen Berichte meiner Vorbilder!