Klärt die „Zeit“ auf oder macht sie Politik? Kritische Anmerkungen zu einer weiteren Attacke auf die „Sterneküche“

Während die deutsche Spitzenküche auch weiterhin um eine Stabilisierung nach der Corona-Pandemie kämpft und vor allem versucht, Mitarbeiter zu gewinnen oder zurückzugewinnen und die Öffnungszeiten an den Status Quo anzupassen, kommt ausgerechnet von einem Medium, das in den letzten Jahren nicht gerade als Freund avancierter Kochkunst aufgefallen ist, ein neuerlicher, in seiner Motivation höchst merkwürdig … Weiterlesen

Weltküche – Küche der Welt

Emily Takoudes (Commissioning Editor): Todays Special. 20 Leading Chefs Choose 100 Emerging Chefs. Phaidon Press, New York und London 2021. 440 D., geb., Hardcover, ca. 35–42 Euro (in englischer Sprache)

Ich muss einmal wieder etwas aus dem Hintergrund berichten. Vor einigen Jahren war ich einmal mit Überlegungen befasst, wie man die besten und interessantesten Restaurants der Welt in einem Buch oder in einer Serie zusammenbringen könnte. Ich fand die Idee faszinierend, weil mehr und mehr deutlich wurde, dass eine neue Zeit angebrochen war.

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So geht’s! Daniel und Herbert Hintner: Richtig Gut Vegetarisch.

Alpin-mediterrane Genüsse aus Wald, Feld und Garten. Frieder Blickle (Fotos), Folio Verlag Wien/Bozen 2021. 216 S., Hardcover, Ganzleinen, 30 Euro

Der Titel und die Aufmachung des Buches sollten nicht irritieren. Es sieht so aus und der Titel klingt so wie ein neues dieser unendlich vielen Kochbücher, die irgendwo „richtig gut“, „jetzt erst recht“, „super lecker“ oder sonstige Zusätze im Titel zu brauchen scheinen, um sich von der Konkurrenz abzusetzen. Wenn man allerdings die Namen der Autoren liest, wird man sofort hellhörig werden.

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Auf dem Weg zur kulinarischen Sekte? Die Drei-Sterne-Restaurants produzieren eine Lücke

Die Ankündigung der Althoff-Hotelgruppe, die beiden Drei-Sterne-Restaurants „Vendôme“ in Bensberg und „Überfahrt“ am Tegernsee auf nur noch fünf Services pro Woche zurückzufahren, hat bei vielen Beobachtern ein ungutes Gefühl hinterlassen. Natürlich sind solche Maßnahmen verständlich. Sie haben etwas mit der aktuellen Post-Corona-Situation, meist mit Personalnot zu tun, aber auch damit, dass fünf Restaurantöffnungen perfekt zur … Weiterlesen

Kulinarisches Adrenalin

Eneko Atxa: Azurmendi. Montagud Editores, Barcelona 2021. 444 S., geb., Hardcover, ca. 87 Euro (parall: spanisch-englisch)

Erst einmal müssen man zugeben, dass wir aus deutscher Sicht nur immer wieder staunen können, in welchen Dimensionen in Spanien Spitzenküche betrieben wird. Wenn der in Bilbao arbeitende Drei-Sterne-Koch Eneko Atxa ein Buch wie dieses herausbringt, wird auch für Leser, die noch nicht in Bilbao waren (korrekter: das Restaurant liegt ein Stück außerhalb der Stadt) deutlich, dass es hier nicht um ein Hotelrestaurant geht, dass irgendwo seine Ecke abbekommen hat, sondern um einen großen, sehr ansehnlichen Betrieb, in dem Alles, aber auch wirklich Alles getan wird, um das Beste aus dem Ansatz und den Fähigkeiten des Kochs zu machen.

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Entkrampft. „Fou de Cuisine“ ist eine Zeitschrift ohne falschen Ballast.

Bei den deutschen Gourmetzeitschriften (im weiteren Sinn verstanden) gibt es ein ganz charakteristisches Merkmal: Sie wollen oft kulinarische Politik machen und wirken deshalb mehr oder weniger verkrampft. Man kann es auch anders formulieren: Sie brauchen einen Gegner, ein Feindbild und definieren sich als das positive Gegenteil zu diesem Feindbild. Mal geht es still und heimlich gegen die Spitzenküche, mal gegen eine bestimmte Art von Spitzenküche, mal gegen die Niederungen, in denen sich Leute aufhalten müssen, die nicht besonders viel Geld haben (das sagt man so natürlich nicht).

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Nils Henkel: Flora

Was für eine Freude! Endlich liegt einmal wieder ein richtig großes, prall gefülltes, hochinteressantes und auch noch schönes Kochbuch eines deutschen Spitzenkochs auf dem Tisch! Die Zeiten für Kochbücher unserer Meister sind naturgemäß nicht so richtig gut. Im In- und Ausland hält sich die Branche erkennbar zurück, und alle warten anscheinend erst einmal ab, bis … Weiterlesen

Regionalität. Was darf man erwarten, was nicht?

Zuerst einmal muss es um den Begriff „erwarten“ gehen. Es kann bei Diskussionen um die Inhalte von Küche nie darum gehen, Vorschriften welcher Art auch immer aufzustellen. Wir sind hier nicht in einem Bereich, in dem es darum geht, eine bestimmte Küche zu machen und eine andere zu verurteilen – auch wenn solche Dinge in der Vergangenheit schon passiert sind, etwa als einmal vor einigen Jahren ein Restaurantführer die Verwendung bestimmter Produkte quasi bestrafte. Aber – es darf, kann und muss eine Diskussion darum geben, welche Art der Küche aus welchen Gründen für besser gehalten wird als eine andere. Die Gründe können vielfältig sein: Es kann um Kommerzialität gehen, um mehr Akzeptanz in künstlerisch-ästhetischer Sicht usw. usf. Die Diskussion etwa um die Bedeutung der regionalen Anbindung wird auf diese Weise zu einem Diskurs um Ideen, zu einem Werben für eine Verschiebung der Perspektive oder auch – von der „anderen“ Seite aus gesehen – um Beseitigung von Bedenken wegen der angeblich begrenzten Anzahl von Qualitätsprodukten in den jeweiligen Regionen.

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Kochbuch für die Doppel-Kopfesser

Es ist längst klar: der Kopf spielt beim Essen immer eine ganz wichtige Rolle. Allein schon bis wir uns etwas Essbares in den Mund stecken, realisieren wir – meist unbewusst – schon eine ganze Reihe von Prüfungen. Riecht es irgendwie „schräg“? Ist es zu schlabberig? Weicht die Form zu sehr von Bekanntem ab? Erst wenn diese individuelle „Zensur“, dieser Abgleich mit unseren Vorlieben oder „No-Gos“ erledigt ist, greifen wir zu. Bei Leuten, die vegetarisch oder vegan essen, kommt noch eine wichtige weitere Kopf-Aktion hinzu.

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Eat-Drink-Think Sommer-Special: Ein Dokument zur Documenta 2007 / Ferran Adrià

Vorbemerkung: Im Jahr 2007 hatte ich allerlei mit dem Thema Ferran Adrià bei der Documenta 12 in Kassel zu tun. Documenta-Chef Roger M. Buergel hatte mich frühzeitig angesprochen, und zwar nicht nur wegen eines Katalog-Textes über Adrià, sondern auch wegen Überlegungen dazu, welche Perspektiven es für die eigentliche Ausstellung geben könnte. Dabei ging es vor … Weiterlesen