Die gestrige Zusammenkunft von Kanzlerin Merkel und den Ministerpräsidenten hat – wie leider zu erwarten – in Richtung Wiedereröffnung der Gastronomie noch keinen Millimeter Fortschritt gebracht. Auf Nachfrage von Journalisten gab es Aussagen wie die, dass man sich da noch gar keine Gedanken gemacht habe. Die Lage wird sich also weiter verschlechtern. Aus diesem Grunde ist es um so wichtiger, dass von der Gastronomie her vermehrt eigene Vorschläge zur Überwindung der Krise gemacht werden. Und da gibt es indirekt Hinweise darauf, in welche Richtung man denken sollte, um Fortschritte möglich zu machen.
Zuerst möchte ich die Schlusspassage von meinem Text vom Dienstag (siehe unten) wiederholen. Er hat nach der Pressekonferenz von gestern mehr Gültigkeit denn je:
Wichtig ist, möglichst schnell praktische und an den jeweiligen Betrieb angepasste Vorschläge für eine Wiedereröffnung unter Corona-Aspekten zu erarbeiten, sie für eventuelle Nachfragen der Behörden in eine schriftliche Form zu bringen und diese Lösungen vor allem zu kommunizieren. Auf die Frage, was man denn im Restaurant XY zur Sicherheit der Gäste wie der Mitarbeiter macht, muss es eine präzise, transparente Antwort geben. Ansonsten läuft man Gefahr, dass potentielle Gäste für einen unabsehbaren Zeitraum erst einmal das Risiko scheuen und nicht kommen.
Hier nun aktualisierte Anmerkungen:
Nicht Warten, sondern Nachdenken und Handeln ist angesagt
Noch hat die Kanzlerin jeden Gedanken an eine Wiedereröffnung von Restaurants von sich geschoben. Was passiert, wenn man – wie bei den Schulen – erste Schritte zulässt, sollte man sich genau ansehen. Nachdem man lange nur über das Ja und Nein von Schulbetrieb gesprochen hat, geht es plötzlich um Unmengen von Details der praktischen Umsetzung, wie etwa die Breite von Fluren und das Anbringen von Spendern mit Desinfektionsmitteln. Und weil die ein oder andere Ratgeber-Fraktion dort nicht gut vorbereitet war bzw. den Eindruck erweckte, den Schulalltag überhaupt nicht zu kennen, wurden ihre Vorschläge zu einer großzügigeren Öffnung auch nicht berücksichtigt. Übertragen auf die Gastronomie bedeutet das: Wer glaubt, in der Gastronomie käme man mit den 1,50 Meter Abstand zwischen den Tischen gut zurecht und mehr Regelung sei nicht nötig, befindet sich gewaltig auf dem Holzweg. In dem Moment, wo man sich die Abläufe in Restaurants unter Corona-Aspekten ansieht, werden eine Menge von Fragen aufkommen. Ich habe das in meinem Text vom Dienstag berücksichtigt und dazu auch gleich eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht.
Der Schlüssel für Gourmetrestaurants: Gastronomie ist nicht gleich Gastronomie
Bisher wird in der Politik im nur von „der“ Gastronomie geredet. Das ist völlig unklar und deshalb einerseits sehr gefährlich, andererseits aber auch eine große Chance. Es muss einfach klar werden, dass es große Unterschiede zwischen Pulks von Gästen an den Kassen von Fastfood-Restaurants, den Massen von durcheinander wuselnden Feierabend-Gästen in Brauhäusern und ähnlichen Groß-Gastronomie, eng gefüllten Kneipen und den oft eher kleinen, überschaubaren, nicht gedrängten und ohnehin auf eine gewisse räumliche Großzügigkeit hin ausgelegten Gourmetrestaurants gibt. Es muss darüber hinaus klar werden, dass das Verhalten von Gästen in Großgastronomien häufig ein völlig anderes ist, als das in Gourmetrestaurants, deren meist deutlich entschleunigte Verfahren einen corona-sicheren Umgang erheblich erleichtern. So sehr man sich der Meinung anschließen kann, dass Großgastronomien in ihrer üblichen Praxis ein großes Risiko darstellen, so sehr muss man erkennen, das Gourmetrestaurants da häufig ganz anders aufgestellt sind. Diese Unterscheidung gehört sofort in die Diskussionen, um eventuell eine frühere Öffnung für die sichereren Gourmetrestaurants zu erreichen.
Zertifizierungen anstreben!
Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Betreiber der Gourmetrestaurants erkennen, in welcher Lage sie corona-technisch tatsächlich sind. Auch dazu habe ich am Dienstag schon eine Reihe von Details zusammengetragen. Bei den anstehenden Ladenöffnungen ist immer wieder die Rede davon, dass man von den jeweiligen Geschäften ein klares Einhalten und Überwachen aller Vorschriften verlangt. Ein solches Verfahren wird – so oder so – auch für die Gastronomie kommen. Man kann die Unterscheidung zwischen Großgastronomien und Gourmetrestaurants und eine dringend notwendige, getrennte Einschätzung ihrer Corona-Risiken dadurch unterstützen, dass man an eigenen, auf die Individualität der jeweiligen Restaurants abgestimmten Konzepten arbeitet und den Vorschlag macht, eine Art Corona-Zertifizierung von den Behörden zu bekommen, die eine Öffnung ermöglicht. Wenn es gelingt, einen solchen Gedanken so schnell wie möglich in die Diskussion zu bringen, und wenn es den Restaurantbetreibern von Gourmetrestaurants (im weiteren Sinne) gelingt, den Nachweis zu erbringen, dass ihre Aktivitäten mit Großgastronomien oder Kneipen etc. nicht vergleichbar sind und gleichzeitig ihre Anti-Corona-Maßnahmen geeignet sind, einen hervorragenden Schutz gegen Infektionen zu etablieren, stehen die Chancen gut, früher eröffnen zu können. Belässt man es dagegen bei den Globalisierungen, die im Moment die – inhaltlich noch flache – Diskussion bestimmen, wird es noch sehr lange dauern.
:-/
Ich bin Jurist – Öffentlich-Rechtler – und daher auch mit polizeirechtlichen Denk- und Abwägungsstrukturen gut vertraut. Ausgehend davon muss ich sagen, dass der obigen Kommentar Jürgen Dollases vollkommen neben der Spur lief. So rät er sich das vielleicht zusammen; so denkt aber kein Verwaltungsbeamter, kein Normgeber. Und so handelt auch keiner. So projiziert allenfalls der Laie.
Leider eine verpasste Chance für Vorschläge.
Wie denkt er denn, der Beamte und Normgeber, wenn er denn denkt? Und: Was isst er beim Denken? Oder davor? Sicher haben Sie doch auf diesem Gebiet Erfahrung und wollen sich an dieser Stelle nicht die Chance nehmen lassen, zu berichten anstatt weitere Projektionen zu befeuern? Oder haben Sie hier ein Blinde-Kuh-Spiel eröffnet?
gute und notwendige überlegungen! man wird als allererstes anfangen müssen, gastronomie differenziert betrachten zu müssen- auf der einen seite „pupasch“ ( wo auf engstem raum möglichst viele sozialkontakte erwünscht sind, das essen aber eine untergeordnete rolle spielt) , auf der andren seite “ schwarzwaldstube“ ( wo es platz gibt, aber individualisierter „service am gast“ gefordert ist ) und jede menge dazwischen….