Es gibt einen großen Unterschied zwischen Hunger und Appetit. Der Hunger sagt uns, dass wir in eine Situation geraten sind, die gegebenenfalls bedrohliche Auswirkungen haben kann, wenn man ihn nicht befriedigt. Um den Hunger zu befriedigen, braucht es nicht viel. Wasser und Brot reichen. In dieser Situation ist man nicht wählerisch. Beim Appetit ist das schon etwas diffiziler. Der Appetit drückt einen augenblicklichen Mangel aus. Geschuldet ist dieser Mangel oft der Tatsache, dass unser Körper eine ständige Baustelle ist, in der ununterbrochen, ein Leben lang repariert und gebaut wird. Ein Großteil unseres Körpers, unserer Organe, unserer Muskeln und unserer Haut bestehen aus Protein, dem sogenannten Eiweiß. Da diese Körperteile ständig renoviert und erneuert werden, braucht unser Körper Baumaterial. Das beste Baumaterial ist in diesem Fall tierisches Eiweiß, da es aus genau den Aminosäuren besteht, aus dem auch wir gemacht wurden. Bei Baustoffmangel hat man deswegen Jieper auf Fleisch. In kargen Zeiten war das Fett ein wunderbarer Energiespeicher. Denn alle Energie, die nicht sofort gebraucht wird, wird schnell und problemlos eingelagert und kann in schlechten Zeiten genutzt werden. Deshalb schmecken uns Fleischgerichte mit hohem Fettanteil wie Wurst, Leberkäse, Steaks mit viel intramuskulärem Fett auch am besten.
In Zeiten, in denen man schnell Energie braucht, ist Zucker das Nahrungsmittel, nach dem man Verlangen hat. In der Natur ist der am schnellsten verfügbare Zucker der, den man in reifem Obst findet. Auch der Appetit auf Salziges oder gut Gewürztes hat seinen Grund. Der Mineralanteil unserer Körperflüssigkeiten wie Blut oder Lymphe liegt konstant bei 3,5%. Ein Großteil dieser Mineralien ist das Natriumchlorid, also Kochsalz. Die Mineralien im Körper sorgen dafür, dass all die chemischen Vorgänge wie die Verdauung in unserem Körper reibungslos ablaufen. Sollte der Mineralanteil unter 3,5% sinken, bekommt man sofort Appetit auf etwas Salziges. Diese vier Richtungen, Fleisch, Fett, Süßes und Salziges sind die Grundgeschmäcker der Sachen, auf die wir Appetit haben, und um der körperlichen Gesundheit wegen, sollte man diesen Appetit schnell befriedigen. Der richtige Weg zur Befriedigung wäre eine Zufuhr natürlicher Lebensmittel. Ein kleines Steak oder ein Omelett bei Fleisch- oder Proteinmangel, süße Früchte bei Energiemangel und ein mit Meersalz gewürztes Leckerchen bei Salzmangel. Mit solchen Maßnahmen wäre die Welt in Ordnung und der Körper und die Gesundheit wären in besten Händen.
Dummerweise sind wir jedoch in eine Falle geraten. Diese Falle heißt: industriell verarbeitete Lebensmittel. Natürlich kennt die Industrie seit Jahrzehnten genau die Gründe des Appetits und versucht, daraus ihr Kapital zu schlagen. Da raffinierter Zucker, raffiniertes Salz und minderwertiges Fett zu den preiswertesten Lebensmitteln auf diesem Planeten gehören, ist es nicht verwunderlich, dass Speisen, die zum Großteil aus diesen Bestandteilen bestehen, nicht nur den geringsten Preis haben, sondern auch gleichzeitig den höchsten Profit generieren. Alles schön und gut, aber leider kann unser Körper mit denaturierten Lebensmitteln nicht umgehen. Das Gegenteil ist der Fall. In Ermangelung hochwertiger, natürlicher Nahrung muss unser Körper auf diese Industrieprodukte zurückgreifen und diese werden dann zwangsverstoffwechselt.
Bei dieser Zwangsverstoffwechselung werden immense Schäden produziert. Um es zu versinnbildlichen, müssen Sie sich eine Körperzelle wie eine Garage vorstellen und ein Nahrungsmittelbestandteil wie ein Auto. Solange das Auto kleiner ist als die Garage, ist alles in Ordnung. Bei der Zwangsverstoffwechselung ist das Auto jedoch größer als die Garage. In Ermangelung von hochwertigen Nährstoffen wird dieses Auto trotzdem in die Garage gefahren. Zu guter Letzt steht das Auto in der Garage, aber es gab Schäden an Auto und Garage. Unser Körper ist zwar in der Lage diese Schäden wieder zu reparieren, wenn man ihm die richtigen Baumaterialien zur Verfügung stellt, wenn das jedoch nicht passiert, sind die Folgen chronische Krankheiten. Und wenn man krank ist, dann macht irgendwie gar nichts mehr so richtig Spaß. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf sollten Sie den Appetit befriedigen, dann klappt’s auch mit der Gesundheit.
Aber soll das jetzt heißen, dass man gar keine Süßigkeiten-Junkfood-Kartoffelchips-Orgien mehr feiern darf?
Nein, das heißt es nicht. Und hier liegt das Augenmerk auf Feiern. Der Körper kann, wenn man ihn vernünftig behandelt, so einiges wegstecken und wieder reparieren. Das sieht man schon an den alternden Rockstars, die ihren Körper oft jahrzehntelang mit Drogen, Alkohol und Junkfood malträtiert haben, um dann im hohen Alter reumütig und ihrem baldigen Ende vor Augen umgeschwenkt sind und plötzlich nur noch Kräutertee und Essen vom Fitnessberater zu sich nehmen, um dann mit Mitte 70 wieder wie ein junges Kerlchen über die Bühne zu hüpfen. Wenn Sie Ihrem Körper also etwas so Schlimmes wie die fetttriefenden Zuckerbomben der Industrie zumuten, dann sollte das in einem sehr engen Kontext mit Feiern und sich Belohnen stehen. Der Genuss ist bekanntlich die höchste Form der Belohnung, und wenn es nötig ist, sich mit Junkfood oder Nussnugatcreme zu belohnen, dann tun Sie das, denn es ist unglaublich wichtig, sich zu belohnen. Wir Menschen sind in Körper und Geist aufgeteilt, und Krankheiten machen sich meist körperlich bemerkbar. Der Grund für eine Krankheit ist jedoch in mehr als 30% aller Fälle psychisch. Deshalb ist es genau so wichtig den Geist gesund zu halten, wie den Körper. Bewusste Ernährung und bewusste Belohnung sind daher der Schlüssel zu Glück und Gesundheit, und in 95% aller Fälle ist es gut zu wissen, was man tut. In 5% aller Fälle ist es wiederum gut, wenn man nicht weiß, was man tut. Denn gelegentliche Exzesse sind das, was das Leben lebenswert macht.
Und darauf würde ich gerne mit Ihnen anstoßen,
Ihr
Ralf Bos