Apartamento Cookbook #4: Eggs. Apartamento Publishing, Barcelona 2019. 44 S., Hardcover, 25 Euro (in englischer Sprache. Bezug z.B. über „do you read me?!” in Berlin)

Wenn es darum geht, die Kochkunst weiter zu stärken und zu verbreiten, geht es nicht nur um Rezepte, die üblichen Kochbücher, die üblichen Zeitschriften und die üblichen Restaurants. Man muss in vielen ästhetischen Bereichen präsent sein, weil die Kochkunst auch in vielen ästhetischen Bereichen ihre Wirkung entfaltet. Dieser Zusammenhang wird leider nach wie vor kaum gesehen und schon gar nicht gepflegt. Quique Dacosta hat einmal in Spanien eine wunderbare Ausstellung seiner Arbeiten gehabt. Es gibt den großen Film mit den Roca-Brüdern („El somni del Cellar de Can Roca“) und ein paar wenige andere Bemühungen. Wenn die Sicht auf die Kochkunst so komplex wird, wie die Kochkunst ist, wird sich da eines Tages noch viel ändern.

Glücklicherweise gibt es eine junge Generation von Köchen, die sich deutlich anders orientiert und – wenn auch oft noch mit begrenzter Wirkung sowohl auf die Breite der Gesellschaft wie die Feuilletons – die Ästhetik des Faches anders begreifen. Und da gibt es schöne kleine Dinge, wie etwa dieses Buch aus dem eigentlich mehr mit Kunst und Design befassten spanischen „Apartamento“-Verlag. Der hier besprochene Band ist Band 4 der Serie und befasst sich mit dem Ei. Band 1 handelte von „Cakes and Desserts“ (u.a. mit Alice Waters und Fergus Henderson), Band 2 von „Winter Soups“ und Band 3 von „Rice“. Mitwirkende sind kreative Köche aus der ganzen Welt, darunter auch viele junge. In Apartamento 4 gibt es auch ein Rezept von einem in Deutschland arbeitenden Koch, nämlich Dylan Watson-Brown vom „Ernst“ in Berlin.

Das Buch
„Apartamento 4“ ist ein Kunstbuch in Schwarz-Weiß mit Rezepten von bei uns teilweise kaum bekannten internationalen Kreativköchen und Bildern des schwedischen Illustrators Dennis Eriksson. Jedes Rezept hat eine Illustration, teilweise zum Ausklappen. Die Wirkung des Buches ist die eines kleinen eigenen Kunstwerkes, das man immer wieder in die Hand nimmt. Ich persönlich habe bereits eine gewisse Kollektion von solchen Büchern, die irgendwo zwischen Comic-Strip und Kunst arbeiten und immer wieder zu Visionen darüber anregen, was man eigentlich alles machen könnte, wenn das Thema nicht oft so furchtbar piefig und verspannt behandelt würde.

Das Buch hat 16 Rezepte von 16 verschiedenen KöchInnen wie etwa Anais van Manen, Ignacio Mattos, Carlo Cracco, Dylan Watson-Brown oder dem in New York arbeitenden Fabián von Hauske Valtierra. Es gibt eine ein- oder zweiseitige Illustration und jeweils einen Einführungstext des Autors zu dem Rezept, gefolgt von den Zutaten und der Zubereitung. Die Autoren sind in die jeweiligen Illustrationen eingebaut. Stilistisch geht es um die ganz spezielle Eierzubereitung, die von den Autoren als besonders gut und prägnant oder auch originell empfunden wurde. Es gibt etwa ein „Omelett mit Schweinemett“, „Frittierte Eier mit Bottarga“, „Spaghettii mit mariniertem Eigelb“ (Cracco), trickreiche Spiegeleier von Dylan Watson-Brown, „Das klassische Eier-Sandwich meiner Mutter“ von Kim Hastreiter, der ehemaligen Herausgeberin des New Yorker Independent-Magazins „Paper Magazine“ oder den „Zosei Hot Pot“, des u.a. in Dänemark geschulten und heute in Tokio arbeitenden Shohei Yasuda.

Die Rezepte sind alle machbar und eher selten von Spitzenküchen-Techniken geprägt. Dennoch haben sie oft eine beträchtliche Originalität und einen entsprechend speziellen Geschmack. Ein wichtiger Faktor ist die Internationalität der Teilnehmer, die dafür sorgt, dass man bodenständig-kulinarische Themen wie „Alles rund ums Ei“ als ein globales Phänomen erlebt. Küche ist universell, aber sie hat aber überall ihre ganz spezifischen Ausprägungen. Thema und Illustrationen passen bestens zusammen, weil den kunstnahen Köchen heute auch das Thema Comic und Illustrationen einfach nahe liegt.

Fazit
Es ist schwierig, ein solches kleines Buch in ein Bewertungsschema einzufügen, das zur Erfassung und Einordnung genuin kulinarischer Publikationen vorgesehen ist. Natürlich ist jedes Kochbuch eines nur einigermaßen kreativen Kochs um Meilen interessanter. Aber darum geht es hier nicht – siehe oben. Die sich hier entwickelnde Ästhetik ist modern, zeitgemäß und anregend, sie passt zu Restaurants und Szenarien, die weit weg sind vom klassischen Pomp vieler Gourmetrestaurants und sie passt auf die Tische von Leuten, für die die Kochkunst eine der großen Künste ist. Insofern sollte die zurückhaltende Bewertung nicht als Hinderungsgrund für einen etwaigen Kauf dienen. Ich empfehle, so etwas durch Kauf des Buches zu unterstützen.

Das Buch bekommt 1 grünes B

Fotos © Apartamento Publishing

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